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LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

16. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 13,24-43
 
Laßt beides wachsen bis zur Ernte
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit
24 erzählte Jesus der Menge das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte.

Er erzählt ihnen also noch ein weiteres Gleichnis - so wie ein Hausvater die geladenen Gäste mit verschiedenen Speisen bewirtet, damit jeder die Nahrung bekommt, die der Veranlagung seines Magen entspricht. (Hieronymus)

25 Während nun die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging wieder weg.

Er zeigt hier, daß die Irrlehre erst nach der Wahrheit auftritt. Das erweist auch der Gang der Geschichte: Kamen doch die falschen Propheten nach den Propheten, die falschen Apostel nach den Aposteln, und schließlich kommt der Antichrist nach Christus. Wenn nämlich der Teufel nicht irgend etwas sähe, was er imitieren könnte, oder Menschen, die er beneiden könnte, würde er nicht in Versuchung führen. Weil er also sieht, wie jener hundertfältig, dieser sechzig-, ein anderer dreißigfach Frucht bringt, und er es nicht vermochte, die Saat zu ersticken oder wegzunehmen, greift er zu einer anderen Art der Nachstellung: der Täuschung. Er sät seine eigene Saat dazwischen und gibt ihr den Anschein der Ähnlichkeit auf vielfache Weise, so daß er diejenigen, welche sich täuschen lassen, leicht fängt. Darum spricht der Evangelist nicht einfach von irgendeiner Saat, sondern von Unkraut oder Schwindelhafer,Lat./Grch.: zizania der fast so aussieht wie Getreide. Auch wird hier die Bosheit des Teufels offenbar: Er sät, wenn alles schon fertig ist, um der Bemühung des Bauern desto mehr Schaden zuzufügen. (Chrysostomus)

26 Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein.
27 Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut?

Wenn der Mensch beginnt, geistlich zu sein und daher alles zu beurteilen vermag, beginnen ihm auch die Irrtümer aufzufallen. Wenn er etwas liest oder hört, kann er unterscheiden, ob es der Regel der WahrheitD. h. der Glaubensregel, Grundlagen des Glaubens widerstreitet. Und während er zur Vollendung im geistlichen Leben gelangt, könnte es ihn beunruhigen, daß unter dem Christennamen so viele Irrlehren und Häresien umlaufen. Daher die Frage: Woher kommt das Unkraut? Ob diese Frage die gleichen Knechte stellen, die er später die "Schnitter" nennt, beziehungsweise ob es sich um diejenigen handelt, die er in der später folgenden Auslegung des Gleichnisses als Engel interpretiert, so würde doch wohl niemand so leichthin zu sagen wagen, daß die Engel in Unkenntnis darüber seien, wer das Unkraut gesät hat. Man muß diese Stelle viel eher als Frage der gläubigen Menschen verstehen. (Augustinus)

28 Er antwortete: Das hat ein Feind von mir getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen?

"Feind" wird er genannt, weil er den Menschen Schaden bringt; denn daß er uns quält, ist gegen uns gerichtet. Ihren Ursprung aber haben diese bösen Nachstellungen nicht in der Feindschaft gegen uns, sondern gegen Gott. (Chrysostomus)

Hier kann man die liebende Sorge der Knechte sehen! Sie eilen, das Unkraut auszureißen; das zeigt ihre Besorgnis um die gute Saat. Nicht daß einer bestraft wird, haben sie im Sinn, sondern einzig, daß die Saat keinen Schaden nimmt. (Chrysostomus)

29 Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus.
30 Laßt beides wachsen bis zur Ernte. Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune.

Noch ist die Zeit der Buße und Umkehr. Wir werden gemahnt, nicht allzu schnell einen Bruder abzutrennen. Denn einer, der heute noch einer verderblichen Lehre anhängt, kann morgen zur Wahrheit zurückfinden, und beginnen, sie zu verteidigen. (Hieronymus)

Mit dieser Antwort flößt er ihnen alle Geduld und ruhige Gelassenheit ein. Solange nämlich die Guten noch schwach sind, haben sie in gewisser Hinsicht Nutzen davon, daß sie mit den Bösen vermischt leben müssen. Sie werden durch die Anfechtung stärker, oder der Vergleich mit ihnen fordert sie zu Besserem und Höherem heraus. Auch könnte es sonst sein, daß Weizen herausgerissen wird, während das Unkraut entfernt wird; denn manche sind zuerst Unkraut, und werden dann Weizen. Wenn diese nicht mit Geduld ertragen würden, solange sie schlecht sind, könnten sie zu einer guten Veränderung gar nicht erst gelangen. Wenn sie herausgerissen würden, dann würde man den Weizen mit herausreißen, der sie sein könnten, wenn man sie schont. (Augustinus)

Nun scheint das aber im Gegensatz zu jenem Wort im ersten Korintherbrief zu stehen (5,13): "Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte". Wenn das Ausreißen untersagt wird und Geduld zu üben ist bis zur Ernte, wie kann dann jemand aus unserer Mitte ausgeschlossen werden? Nun, zwischen Weizen und Schwindelhafer - bei uns nennt man dieses Unkraut soLat.: Lolium - Lolch - kann man keinen oder kaum einen Unterschied feststellen, solange es noch grün ist und der Halm sich noch nicht zur Ähre gefüllt hat. Es mahnt uns also der Herr zunächst, über eine Sache, die nicht eindeutig ist, nicht vorschnell ein Urteil zu sprechen, sondern dies dem Herrn und Richter zu überlassen. Wenn der Tag des Gerichts gekommen ist, wird der Herr nicht aufgrund eines Verdachts, sondern aufgrund erwiesener Schuld den Ausschluß aus der Gemeinde der Heiligen verfügen. (Hieronymus)

Wenn ein Christ, der der Kirche angehört, einer Sünde überführt ist, die den Ausschluß nach sich zieht, dann geschehe dies mit Liebe, nicht um auszureißen, sondern um zu bessern. Denn wenn jemand nicht zur Einsicht kommen will und sich durch Buße nicht bessern will, dann geht er selbst hinaus, und die Trennung von der Kirche geschieht aufgrund seines eigenen Willens. (Augustinus, Contra ep. Parmeniani)

Der Herr untersagt hier nicht, die Irrlehrer in Schranken zu weisen und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, ihre Irrlehren frei zu verbreiten, oder ihre Versammlungen aufzulösen, sondern er verbietet, sie zu töten. (Chrysostomus)

31 Er erzählte ihnen ein weiteres Gleichnis und sagte: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte.
32 Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten.

Die Verkündigung des Evangeliums ist die geringste unter allen Wissenszweigen: Beim ersten Hören klingt es nicht gerade wahrscheinlich, was der Verkünder des "Ärgernis des Kreuzes" zu sagen hat: daß ein Mensch Gott sei, daß Gott gestorben sei. Vergleiche diese Lehre mit den Lehrsätzen der Philosophen, ihren Büchern, ihrer glänzenden Beredsamkeit, ihren ausgefeilten Vorträgen: Da siehst du, wie viel kleiner die Saat des Evangeliums ist im Vergleich zu den übrigen Samenkörnen. (Hieronymus)

Mit den Zweigen des Baumes des Evangeliums, die aus dem Senfkorn wachsen, sind, meine ich, die verschiedenen Glaubenssätze oder Dogmen gemeint. (Hieronymus)

Das Senfkorn ist der Herr selbst, der im Garten begraben wurde, aber als großer Baum erstand. Ein Korn war er im Tod, ein Baum in der Auferstehung. Ein Korn in der Niedrigkeit der Menschennatur, ein Baum in der Macht seiner Majestät. (Gregor der Große)

33 Und er erzählte ihnen noch ein Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.

Der Herr will gleichsam sagen: Wie der Sauerteig viel Mehl mit seiner Kraft durchsäuern kann, so werdet ihr die ganze Welt verändern. [...] Auch sagt er mit Bedacht: "Sie verbarg den Sauerteig im Mehl", das soll heißen: Auch wenn ihr in die Gewalt derer gegeben seid, die euch bekämpfen, so werdet ihr sie überwinden. Wie der Sauerteig zugedeckt wird, aber nicht vernichtet wird, sondern allmählich alles nach seiner eigenen Art umformt, so wird es auch mit eurer Verkündigung sein. (Chrysostomus)

Der "Sauerteig" könnte die Liebe bezeichnen; denn sie macht warm und erhebt. Die "Frau" wäre die Weisheit. In den "drei Maß Mehl" könnten man jene drei Dimensionen des Menschen erkennen, mit denen er lieben soll: "mit ganzem Herzen, ganzer Seele und all deiner Kraft" (vgl. Dtn. 6, 5). (Augustinus)

Oder: Wir haben bei Platon gelesen, daß in der Seele drei Kräfte seien. Verstand, Mut und Begehren. Wenn wir den Sauerteig des Evangeliums in durch die Heilige Schrift aufgenommen haben, dann besitzen wir in der Vernunft Klugheit, im Mut den Abscheu gegen die Laster, im Begehren das Verlangen nach den Tugenden. Das alles bewirkt die Lehre des Evangeliums, die uns die Mutter Kirche darreicht. (Hieronymus)

34 Dies alles sagte Jesus der Menschenmenge durch Gleichnisse; er redete nur in Gleichnissen zu ihnen.

Das heißt nicht, daß er nichts in direkter, unverhüllter Weise gesprochen hätte, sondern daß er fast nie redete, ohne ein Gleichnis zu verwenden. [...] Zuweilen freilich verwebt der eine Evangelist in einen Zusammenhang, wovon ein anderer berichtet, es sei zu verschiedenen Zeiten geschehen oder gesprochen worden. Denn es wird nicht genau dem historischen Ablauf nach erzählt, sondern je nach der Fähigkeit zur Erinnerung ordnet ein jeder die begonnene Erzählung. (Augustinus)

35 Damit sollte sich erfüllen, was durch den Propheten gesagt worden ist: Ich öffne meinen Mund und rede in Gleichnissen, ich verkünde, was seit der Schöpfung verborgen war.

Als wollte er sagen: Ich, der ich früher durch den Mund der Propheten gesprochen habe, werde bald meinen Mund öffnen zu Gleichnissen, ich werde Worte strömen lassen aus dem Schatz meines innersten Geheimnisses, ich werde die Geheimnisse, die verborgen waren seit der Erschaffung der Welt, kundtun. (Glossa)

36 Dann verließ er die Menge und ging nach Hause. Und seine Jünger kamen zu ihm und sagten: Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker.

Der Herr hatte zu der Menge in Gleichnissen geredet, um in ihnen Fragen zu wecken. Aber wie viel er auch lehrte, niemand fragte ihn. So entließ er sie und ging nach Hause. Auch keiner der Schriftgelehrten folgte ihm, woran man sehen kann, daß sie ihm nur zu dem Zweck folgten, ihm eine Falle zu stellen. (Chrysostomus, In Matth.)

37 Er antwortete: Der Mann, der den guten Samen sät, ist der Menschensohn;
38 der Acker ist die Welt; der gute Samen, das sind die Söhne des Reiches; das Unkraut sind die Söhne des Bösen;
39 der Feind, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte ist das Ende der Welt; die Arbeiter bei dieser Ernte sind die Engel.
40 Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein:
41 Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben,

Von welchem Reich ist hier die Rede? Doch nicht von jenem Reich, in dem es kein Ärgernis mehr gibt! Sondern sie werden gesammelt aus dem Reich, das hier und jetzt besteht, der Kirche. (Augustinus, Civ. Dei)

Beachte, daß er sagt: "die Unrecht tun", Lat. 'qui faciunt iniquitatem' (Vg), die EÜ übersetzt mit Perfekt nicht "die Unrecht getan haben". Denn die ewige Strafe trifft nicht diejenigen, welche sich bekehrt haben und Buße tun, sondern die, die in ihren Sünden verharren. (Hrabanus)

42 und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.
43 Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!

Sie leuchten nicht nur so wie die Sonne; er gebraucht hier ein Beispiel, das uns vertraut ist, weil wir kein anderes Gestirn kennen, das heller leuchtet als die Sonne. (Chrysostomus)

 
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