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LESEJAHR B

Die Zeit im Jahreskreis

10. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mk 3,20-35
 
Das Reich des Satans hat keinen Bestand
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
 
In jener Zeit
20 ging Jesus in ein Haus, und wieder kamen so viele Menschen zusammen, daß er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten.
21 Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.

Nachdem der Herr auf dem Berg die Apostel erwählt hatte,Vgl. Mk 3,13-19 bringt er sie nach Hause und ermahnt sie so, daß sie nach dem Empfang des Apostolates in sich gehen sollten.Lat.: ut ... redeant ad conscientiam suam (Beda)

Aus der herrschenden Schicht waren viele undankbar und ihr Dünkel hielt sie von der [wahren] Erkenntnis ab, die Volksmassen dagegen kamen dankbar zu Jesus. (Pseudo-Chrysostomus)

Wie selig war die Menge, die hier zusammen kam und deren einzige Sorge es war, das Heil zu erlangen! So sehr, daß sie dem Urheber des Heils und denen, die mit ihm waren, nicht einmal eine einzige freie Stunde ließ, um zu essen. Die Menge der Fremden sucht ihn auf, aber im Urteil seiner Verwandten gilt er wenig. Darum folgt: "Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn zu ergreifen." Da sie nämlich die Tiefe seiner Weisheit, die sie vernahmen, nicht fassen konnten, glaubten sie, er rede wirres Zeug daher. (Beda)

22 Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beelzebul besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus.

Es ist ein großer Unterschied zwischen denen, die das Wort Gottes aufgrund ihrer mangelnden Auffassungsgabe nicht verstehen können (so wie die, von denen oben die Rede war), und jenen, die es zwar verstehen, es aber böswillig in den Schmutz ziehen. [...] Was sie nämlich nicht leugnen können, das wollen sie durch eine falsche Interpretation entstellen, so als ob es nicht die Werke Gottes wären, sondern eines besonders unreinen Geistes, nämlich Beelzebubs, des Gottes von Ekron.Vgl. 2 Kön 1,2 u.ö. "Beel" aber bedeutet "Herr", "zebub" dagegen heißt "Fliege", Beelzebub muß man also mit "Herr der Fliegen" übersetzen und zwar wegen der Unreinheit des geopferten Blutes. Wegen dieses besonders abstoßenden Ritus nannte man ihn auch den Fürst der Dämonen. (Beda)

In mystischer Bedeutung ist das Haus, zu dem sie alle kamen, die Urkirche. Die Menge aber, die sie daran hinderte, das Brot zu essen, waren ihre Fehler und Sünden, denn "Wer unwürdig ißt, der ißt und trinkt sich das Gericht" (1 Kor 11,29). (Hieronymus)

23 Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Form von Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben?
24 Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben.
25 Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben.
26 Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen.

Durch den Vergleich oben hat er bereits gezeigt, daß ein Dämon nicht einen anderen austreibt, mit den Worten "Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben" zeigt er dagegen, wie man [einen Dämon] austreiben kann. (Glossa)

27 Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben, wenn er den Mann nicht vorher fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern.

Das Beispiel bedeutet folgendes: Der starke Mann ist der Dämon, sein Hausrat sind die Menschen, bei denen er Aufnahme gefunden hat. Wenn man also nicht zuerst den Dämon besiegt und bindet, wie kann man ihm seinen Hausrat, d. h. die von diesem Dämon Besessenen rauben? Ich, [Jesus,] bin aber der, der seinen Hausrat raubt, das heißt, ich befreie die Menschen von den durch die Dämonen verursachten Leiden. Doch zuvor binde ich die Dämonen, ich besiege sie und bin ihr Feind. Wie könnt ihr also sagen, daß ich von Beelzebub besessen bin und als Freund der Dämonen die Dämonen austreibe? (Theophylactus)

Der Herr hat den starken Mann, das heißt den Teufel gebunden, das bedeutet auch, daß er ihn davon abhält, die Erwählten zu verführen; er kommt in sein Haus, das ist die Welt, und beraubt ihn seines Hauses und seines Hausrates, denn diejenigen, die er aus den Fallstricken des Teufels befreit hat, gliedert er in seine Kirche ein. Anders gesagt: er plündert sein Haus, denn alle Teile der Welt, über die einst der alte Feind herrschte, übergab er den Aposteln und ihren Nachfolgern, damit sie die Völker auf den Weg des Lebens zurückführen.
Der Herr zeigt aber auch, daß diejenigen ein großes Verbrechen begehen, die erkannt haben, daß etwas das Werk Gottes ist und es dennoch als Teufelswerk bezeichnen. Darum fügt er hinzu: "Amen, das sage ich euch: ..." (Beda)

28 Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen;
29 wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften.
30 Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen.

Jedem Menschen werden alle seine Sünden und Gotteslästerungen vergeben werden, aber nicht unterschiedslos, sondern nur demjenigen, der in diesem Leben eine seinen Vergehen angemessene Buße tut. Das läßt keinen Raum für die Meinung des Novatus, der denen, die sich dem Martyrium verweigert haben, aber Buße tun, die Vergebung verweigern möchte. Es ist aber auch kein Raum für die Ansicht des Origenes, der behauptet, daß nach dem allgemeinen Gericht, wenn die Zeit an ihr Ende gekommen ist, alle Sünder die Vergebung ihrer Sünden erlangen werden. Die Worte des Herrn widersprechen diesem Irrtum, denn er sagte: "Wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung." (Beda)

Er sagt in der Tat, daß eine Gotteslästerung, die gegen ihn selbst gerichtet ist, entschuldigt werden kann, denn er schien ja [nur] ein Mensch, verachtungswürdig und von niedrigster Herkunft, zu sein. Eine Beleidigung Gottes dagegen kann keine Vergebung finden und eine Lästerung des Heiligen Geistes ist [immer] gegen Gott gerichtet. Denn das Wirken des Heiligen Geistes ist die Herrschaft Gottes, und deswegen ist die Lästerung des Heiligen Geistes nicht zu verzeihen. [...] Wer also Wunder und die Austreibung von Dämonen, die allein der Heilige Geist bewirkt, den Dämonen zuschreiben möchte, der hat keine Entschuldigung für seine Gotteslästerung und eine solche Gotteslästerung kann offenbar auch nicht vergeben werden, denn sie richtet sich gegen den Heiligen Geist. Und so deutet das auch [der Evangelist], wenn er hinzufügt: "Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen." (Pseudo-Chrysostomus)

Das muß so verstanden werden, daß sie keine Verzeihung [für ihre Gotteslästerung] erfahren, wenn sie nicht Buße tun. Hätten sie nämlich nur am Fleisch Christid.h. an seiner menschlichen Natur Anstoß genommen, dann hätten sie in gewisser Hinsicht eine Entschuldigung gehabt und ihnen wäre teilweise verziehen worden. (Theophylactus)

Oder er spricht so, weil derjenige, der Christus erkannt hat und trotzdem sagt, er sei der Fürst der Dämonen, es nicht verdient, eine Buße auferlegt zu bekommen, so daß er danach wieder [in die kirchliche Gemeinschaft] aufgenommen wird. (Hieronymus)

Dieses Vergehen einer unverzeihlichen Gotteslästerung legt man freilich nicht denjenigen zur Last, die nicht glauben, daß der Heilige Geist Gottd. h. eine göttliche Person ist, denn nicht teuflischer Haß, sondern menschliche Unwissenheit veranlaßte sie zu solcher Rede. (Beda)

Oder aber: die Unbußfertigkeit selbst ist diese Beleidigung des Heiligen Geistes, die nicht vergeben werden kann. Denn wer in seinem Herzen nicht zur Buße bereit ist, der beleidigt den Heiligen Geist, durch den die Sünden vergeben werden, (einerlei, ob er das tatsächlich ausspricht oder ob er [nur] so denkt). [...] (Augustinus, De Verb. Dom.)

31 Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen.

Seine Angehörigen waren ja gekommen, um ihn in Gewahrsam zu nehmen wie einen, der dem Wahnsinn verfallen ist, doch seine Mutter kommt zu ihm, weil sie mit ihm fühlt und ihn liebt. (Theophylactus)

Daraus wird deutlich, daß seine Brüder und seine Mutter nicht immer bei ihm waren. Doch weil sie ihn liebten, kamen sie aus Erfurcht und Zuneigung herbei und warteten draußen auf ihn. (Chrysostomus)

Die Brüder des Herrn sind aber nicht, wie Helvidius sagt, die Söhne der allzeit jungfräulichen Maria und sie sind auch nicht die Kinder aus der Verbindung Josephs mit einer anderen Frau - so behaupten andere -, vielmehr wird man darunter einfach Blutsverwandte Jesu verstehen. (Beda)

32 Es saßen viele Leute um ihn herum, und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir.
33 Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?
34 Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder.
35 Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.

Ein anderer Evangelist sagt, daß seine Brüder noch nicht an ihn glaubten.Vgl. Joh 7,5 Dazu paßt, was hier gesagt wird, daß sie ihn aufsuchten, aber draußen vor dem Haus auf ihn warteten. In der gleichen Absicht spricht der Herr von ihnen auch nicht wie von nahen Verwandten, sondern es heißt: "Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?" Das sagt er jedoch nicht, weil er seine Mutter und seine Brüder gänzlich verleugnen möchte, vielmehr möchte er zeigen, daß man auf das eigene Herz mehr hören muß als auf die leiblichen Verwandten. Und darum sagt er das auch gerade zu denen, die ihn auffordern, mit seinen Verwandten zu sprechen, so als ob es etwas Wichtigeres gäbe, als [den Menschen] das Heil zu verkündigen. (Pseudo-Chrysostomus)

Obwohl er gebeten wurde, weigert er sich hinauszugehen, nicht weil er seiner Mutter den schuldigen Gehorsam verweigern möchte, sondern weil er zeigen möchte, daß er den LehrenLat.: mysteria - d. h. das, was ihm vom Vater anvertraut wurde seines Vaters mehr verpflichtet ist als den Gefühlen seiner Mutter. Und er mißachtet seine Brüder nicht aus Mutwillen, sondern weil er das geistige Tun der leiblichen Verwandtschaft vorzieht und dadurch zeigt, daß die HerzensgemeinschaftLat.: copula cordium - die Verbindung der Herzen mehr geachtet werden muß als eine leibliche Verbindung. (Beda)

Wir wissen also, daß wir seine Brüder und seine Schwestern sind, wenn wir den Willen des Vaters erfüllen, und daß wir so auch seine Miterben sind. (Hieronymus)

Indem er so spricht, verleugnet er nicht seine Mutter, sondern er belehrt uns, daß sie nicht nur deswegen, weil sie Christus geboren hat, sondern auch wegen aller anderen Tugenden verdient, verehrt zu werden. (Theophylactus)

[...] Wenn Christus aber nicht einmal seine Eltern kennen will, solange sie draußen stehen, wie will er uns kennen, wenn wir draußen stehen bleiben? Drinnen ist das Wort, und drinnen ist das Licht! (Beda)

 
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