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LESEJAHR B

Die Zeit im Jahreskreis

31. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mk 12,28b-34
 
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben; du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus
 
In jener Zeit
28 ging ein Schriftgelehrter zu Jesus hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?
29 Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.
30 Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.
31 Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.

Daher führte er nicht ein, sondern zwei Gebote ein, durch die unser Säuglingsalter gleichsam genährt wird wie durch die Brüste der Frau, und deswegen ist als allererstes Gebot angeführt: Höre, Israel, der Herr, dein Gott ist ein einziger Gott. Er nennt es das allererste Gebot; das ist das, was wir alle vor allen in unserem Herzen gleichsam als das einzige Fundament unserer Frömmigkeit zugrunde legen müssen, d.h. Erkenntnis und Bekenntnis der göttlichen Einheit in Verbindung mit gutem Handeln, das zur Liebe Gottes und des Nächsten getan wird. [...] (Hieronymus)

Beachte, wie er alle Kräfte der Seele aufgezählt hat. Denn die Leistung der lebendigen Seele ist die, die er ausdrückt mit den Worten: Aus deiner ganzen Seele, wozu Leidenschaft und Verlangen gehören; das will er der göttlichen Liebe zugeteilt wissen. Eine andere Kraft ist die, die als natürliche bezeichnet wird; darauf bezieht sich alles Nährende und Fördernde; auch dies muß ganz dem Herrn gegeben werden; deswegen sagt er: Aus ganzem Herzen. Und es gibt noch eine andere natürliche Kraft, die er Denken nennt; auch die muß ganz Gott gegeben werden. (Theophylactus)

Wenn er aber hinzufügt: Aus deiner ganzen Kraft, dann kann man dies auf die körperlichen Kräfte beziehen. (Glossa)

Deswegen sagt er, es sei gleich, weil diese beiden Gebote sich wechselseitig entsprechen und bedingen: Denn wer Gott liebt, liebt auch sein Geschöpf. Sein Hauptgeschöpf aber ist der Mensch; wer Gott liebt, muß daher alle Menschen lieben; wer aber den Menschen liebt, der ihm oft Anlaß zum Ärgernis gibt, muß um so mehr den lieben, der ihm immer Wohltaten erweist, und deswegen - wegen des Zusammenhangs dieser (beiden) Gesetze - gibt es kein anderes größeres Gesetz als diese. [...] (Theophylactus)

32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm,
33 und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.

Er zeigt auch dadurch, daß er sagt, es sei größer als Brandopfer und (sonstige) Opfer, daß zwischen Schriftgelehrten und Pharisäern eine schwerwiegende Streitfrage darin bestanden habe, welches Gebot das erste oder wichtigste des göttlichen Gesetzes sei; die einen freilich lobten Opfertiere und (andere) Opfer, die anderen zogen deswegen Werke des Glaubens und der Liebe vor, weil sehr viele Väter vor dem Gesetz nur aus dem Glauben heraus, der durch die Liebe wirkt, Gott gefielen. Und dieser Schriftgelehrte erklärt, daß er dieser Meinung gewesen sei. [...] (Beda)

34 Jesus sah, daß er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Damit bezeugt er, daß dieser nicht vollkommen ist; denn er sagt nicht: Du bist im Himmelreich, sondern: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. (Theophylactus)

Deswegen aber befindet er sich nicht fern vom Reich Gottes, weil er glaubhaft jener Meinung nahe stand, die dem Neuen Testament und der evangelischen Vollkommenheit entspricht. (Beda)

Und es soll nicht befremden, wenn Matthäus sagt, dieser Fragende habe den Herrn in Versuchung geführt; es kann nämlich auch sein, daß er sich gleichsam als Versucher genähert hat, aber durch die Antwort des Herrn gebessert wurde; oder freilich wir nehmen die Versuchung nicht als eine böswillige, so wie wenn er einen Feind täuschen wollte, sondern vielmehr als eine Vorkehrung, um einen, den er nicht kennt, näher kennenzulernen. (Augustinus, de Cons. Evang.)

 
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