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LESEJAHR C

Der Advent

3. ADVENTSSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 3,10-18
 
Was sollen wir also tun?
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
10 In jener Zeit fragten die Leute Johannes den Täufer: Was sollen wir also tun?
11 Er antwortete ihnen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.

Den Zöllnern und Soldaten freilich schrieb er vor, sich vom Bösen fern zu halten; der Volksmenge aber, die nicht so offensichtlich Schlechtes tat, befahl er, etwas Gutes zu tun. (Theophylactus)

Deswegen weil wir das Gewand nötiger brauchen als den Mantel, gehört es zur Frucht, die unserer Buße angemessen ist, daß wir nicht nur alles Äußere mit dem Nächsten teilen müssen, sondern gerade das, was für uns besonders notwendig ist, oder auch die Speise, durch die wir dem Leibe nach leben. (Gregor der Große)

Hier aber werden wir darüber belehrt, daß wir verpflichtet sind, aus der Fülle dessen, was uns über das notwendige Maß des eigentlichen Lebensunterhalts hinaus zufließt, dem Bedürftigen abzugeben wegen Gott, der uns alles geschenkt hat, was wir besitzen. (Basilius der Große)

Weil aber im Gesetz geschrieben steht: Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst, so geht daraus hervor, daß der weniger seinen Nächsten liebt, der mit ihm in seiner Not nicht auch das teilt, was für ihn [persönlich] notwendig ist; daher wird die Vorschrift gegeben mit den zwei Gewändern, die mit dem Nächsten zu teilen sind; denn wenn nur eines geteilt wird, wird niemand damit bekleidet. (Gregor der Große)

Denn die anderen Vorschriften der Pflichten beziehen sich auf einzelne Bereiche; die Barmherzigkeit aber ist die allumfassende Anwendung der Pflicht; denn es ist die allgemein gültige Vorschrift, den Bedürftigen zu geben. Die Barmherzigkeit ist die Fülle der Tugenden. Dennoch richtet sich ein [sinnvolles] Maß der Barmherzigkeit an der Möglichkeit der menschlichen Lage aus, daß jeder einzelne nicht sich selbst alles wegnimmt, sondern seinen Besitz mit dem Armen teilt. (Ambrosius)

Diese Stelle aber läßt noch einen tieferen Sinn erkennen: Denn wie wir nicht zwei Herren dienen dürfen, so dürfen wir auch keine zwei Gewänder besitzen, damit nicht das eine Gewand das des alten Menschen ist und das andere das des neuen Menschen, sondern wir müssen uns den alten Menschen ausziehen. (Origenes)

12 Es kamen auch Zöllner zu ihm, um sich taufen zu lassen, und fragten: Meister, was sollen wir tun?
13 Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist.
14 Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Mißhandelt niemand, erpreßt niemand, begnügt euch mit eurem Sold!

Was für eine Wirkung die Predigt des Täufers hatte, zeigt sich daran, daß er auch Zöllner und Soldaten dazu brachte, nach ihrem Heil zu fragen. (Beda)

Groß ist die Macht der Tugend, wenn sogar Reiche einen Armen nach dem Weg zum Heil fragen. (Chrysostomus)

Zöllner aber werden [eigentlich] die genannt, die die öffentlichen Steuern eintreiben oder die, die Steuern des Staates oder staatlichen Besitz gepachtet haben; aber auch die, die dem Gewinn dieser Welt mit ihren Geschäften nachjagen, werden ebenso bezeichnet; die alle hält er in gleicher Weise - jeden in seinem Bereich - davon ab zu betrügen, daß sie zunächst sich mäßigen in ihrer Gier nach fremdem Besitz und dann dazu gelangen, ihren eigenen Besitz mit den Nächsten zu teilen. (Beda)

Er wußte nämlich, daß sie [die Soldaten] bei der Ausübung ihres Kriegsdienstes keine Mörder sind, sondern Diener des Gesetzes, nicht Rächer ihrer ungerechten Taten, sondern Verteidiger des öffentlichen Wohles, andernfalls würde er ihren antworten: Werft die Waffen weg, verlaßt den Kriegsdienst, schlagt, verwundet, tötet niemanden! Denn was für eine Schuld wird bei einem Krieg begangen? Etwa daß einige sterben, die irgendwann sowieso sterben würden, damit dann die Lebenden in Frieden regieren können? Dies zu tadeln ist ein Zeichen von Furcht, nicht von Frömmigkeit. Die Gier zu schaden, die Grausamkeit der Rache, das unversöhnte und unversöhnliche Herz, die Rohheit im Kampf, das ungezügelte Streben nach Herrschaft etc. das ist es, was bei den Kriegen zu Recht schuldhaft ist. Damit aber eine Bestrafung geschieht, also gegen die Gewalt derer, die sich Gott oder einem anderen rechtmäßig befehlenden Herrscher widersetzen - deswegen werden meist Kriege geführt von den Guten, wobei sie sich in einer solchen menschlichen Lage befinden, wo sie die Ordnung selbst dazu verpflichtet, entweder so etwas zu befehlen oder dabei zu gehorchen. (Augustinus)

Johannes aber wollte, als er zu den Zöllnern und Soldaten sprach, diese noch zu einer höheren Sichtweise hinführen; aber weil sie noch nicht reif waren für jene Lebensweise, wollte er ihnen Einfacheres erschließen, damit sie nicht, wenn er ihnen Besseres vor Augen stellen würde, sie vergeblich auf jenes [Schwierigere] achteten und so auch dieses [Einfachere] verlören. (Chrysostomus, Super Matth.)

15 Das Volk war voll Erwartung, und alle überlegten im stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.
16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.

Es war angebracht, daß man dem Johannes mehr zutraute als den übrigen Menschen, der ja auch anders als alle Menschen gelebt hatte; deshalb liebten sie ihn freilich alle zu Recht, aber sie beachteten nicht das rechte Maß in ihrer Liebe. (Origenes)

Die Liebe aber birgt eine Gefahr in sich, wenn sie das gesunde Maß überschreitet; denn der, der jemanden liebt, muß die Beschaffenheit und die Gründe seines Liebens bedenken und darf nicht mehr lieben als einer es verdient; denn wenn einer das rechte Maß der Liebe überschreitet, so wird sowohl der Liebende als auch der Geliebte in Sünde sein. (Origenes)

Daher rühmte sich Johannes nicht mit der hohen Meinung, die die Menschen von ihm hatten, und er schien in keiner Weise eine Vorrangstellung anzustreben, sondern er nahm tiefe Demut an. (Graecus)

Er beweist aber in seiner Antwort schnell, daß er, der auf sichtbare Weise wirkt, nicht Christus ist; denn der Mensch besteht aus zwei Naturen, d. h. aus der Seele und dem Leib. Sichtbares wird durch Sichtbares, Unsichtbares durch das unsichtbare Geheimnis geheiligt; denn mit Wasser wird der Körper abgewaschen, mit dem Geist aber werden die Sünden der Seele gereinigt (wenn freilich auch das Taufwasser selbst vom heiligenden Gott angehaucht ist); und daher war die Taufe der Buße das eine, etwas anderes die Taufe der Gnade; diese Taufe [der Gnade] besteht aus beidem, jene [der Buße] besteht nur aus einem; das Werk des Menschen ist es, die Buße seiner Sünden zu vollziehen, das Geschenk Gottes ist die Fülle seiner geheimnisvollen Gnade. Er wendete also den Verdacht der Hohheit von sich ab und erklärte nicht nur im Wort, sondern auch in der Tat, daß er nicht Christus ist; daher folgt: Denn es kommt einer nach mir, der stärker ist als ich. (Ambrosius)

Johannes wollte, als er von den Schuhriemen des Herrn sprach, nichts anderes ausdrücken als die Erhabenheit Gottes und seine eigene Niedrigkeit. (Augustinus, De Cons. Evang.)

Aber Johannes sagt, daß er nicht würdig sei, ihm die Schuhriemen zu lösen, als ob er offen sagte: Ich kann nicht die Fußsohlen des Erlösers entblößen, der ich mir nicht unverdientermaßen den Namen des Bräutigams anmaße. Denn bei den Alten war es Sitte, daß wenn jemand die ihm zugedachte Frau nicht nehmen wollte, jener ihr den Schuh löst, der nach dem Verwandtschaftsrecht als Bräutigam zu ihr kommt. Oder weil Schuhe aus toten Lebewesen hergestellt werden, erschien der Herr, der Fleisch angenommen hat, als mit Schuhen versehen, weil der die Abgestorbenheit unserer Verderbnis angenommen hat. Das Lösen der Schuhriemen also ist eine Verschlüsselung des Geheimnisses. Deswegen kann Johannes seine Schuhriemen nicht lösen, weil er das Geheimnis der Menschwerdung auch selbst nicht zu erforschen imstande ist, obwohl er sie durch den Geist der Prophetie erkannt hat. (Gregor der Große, In Evang.)

Und weil er gesagt hatte, daß seine [= des Johannes] Taufe nicht mehr habe als Wasser, so zeigt er folgerichtig die Erhabenheit der durch Christus ausgeübten Taufe auf, indem er hinzufügt: Er selbst wird euch taufen im Heiligen Geist und im Feuer. Durch dieses Bild zeigt er die Fülle der Gnade; denn er sagt nicht: Er wird euch den Heiligen Geist geben, sondern: Er wird euch damit taufen; und ebenso zeigt er durch das, was er über das Feuer hinzufügt, die Macht der Gnade; wie nämlich Christus die Gnade des Geistes "Wasser" nennt - und mit dem Wort "Wasser" meint er den Glanz, der von ihm ausgeht, und die unendliche Tröstung, die den dafür empfänglichen Seelen eingeflößt wird - so verwendet Johannes das Wort "Feuer", um auf die Glut, die aufrechte Gerechtigkeit, die die Gnade bewirkt, und ganz besonders [die Fähigkeit], Sünden zu verzehren, hinzuweisen. (Chrysostomus, In Matthaeum)

Der Heilige Geist kann auch mit dem Wort "Feuer" bezeichnet werden; denn er entzündet durch Liebe und erleuchtet durch Weisheit die Herzen, die er erfüllt; daher erfassen auch die Apostel die Taufe des Geistes mit der Vorstellung des Feuers. (Beda)

17 Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.

Dadurch also, daß er sagt: Er wird euch im Heiligen Geist taufen, zeigt er die Überfülle der Gnade und die Menge seiner Wohltaten. Damit aber niemand glaubt, (nur) Geschenke zu vergeben habe der Schöpfer in seiner Macht und Absicht, er werde aber keinen Grund haben, die Ungehorsamen zu strafen, deswegen fügt er hinzu: Er hat seine Wurfschaufel in seiner Hand; damit weist er darauf hin, daß er großzügig ist gegenüber denen, die es verdienen, aber auch ein Rächer der Übertretungen ist. Die Wurfschaufel aber drückt die Entschlossenheit seines Urteils aus; denn nicht mit Verzögerung, sondern auf der Stelle und sofort sondert er die zu Verdammenden von der Schar der zu Erlösenden ab. (Graecus)

Mit der Tenne nämlich ist die gegenwärtige Kirche gemeint, in der viele gerufen sind, wenige aber auserwählt; die Reinigung der Tenne wird auch jetzt Mann für Mann durchgeführt, wenn jeder Sünder wegen seiner offensichtlichen Sünden aus der Kirche durch priesterliche Strafe ausgestoßen wird oder wegen seiner versteckten Sünden nach dem Tod durch göttliche Strenge verdammt wird. Und insgesamt wird die Reinigung am Ende vollzogen werden, wenn der Menschensohn seine Engel ausschicken wird und sie alle Ärgernisse aus seinem Reich sammeln werden. (Beda)

Mit dem Hinweis auf die Wurfschaufel also wird aufgezeigt, daß der Herr das Recht hat, über die Verdienste zu urteilen, und zwar dadurch - so wie das Getreide auf der Tenne in die Luft geworfen wird - daß das Volle vom Leeren getrennt wird durch die Prüfung eines Lufthauchs; darauf folgt: Und er wird den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber wird er in unauslöschlichem Feuer verbrennen. Durch diesen Vergleich zeigt der Herr, daß er am Tage des Gerichts die wahren Verdienste und die Früchte der Tugend trennt von der unfruchtbaren Wertlosigkeit des eitlen Prahlens und der armseligen Werke, um dann die Menschen mit vollkommenerem Verdienst in der göttlichen Wohnung Platz nehmen zu lassen. Denn gerade das ist die vollkommenere Frucht, die es verdient hat, mit dem überein zu stimmen, der wie ein Weizenkorn gestorben ist, um reiche Frucht zu bringen. (Ambrosius)

Die Spreu aber meint die Trägen und Leeren, die von jedem beliebigen Wind der Sünde hin- und hergeworfen werden. (Cyrill)

Es ist aber nützlich zu wissen, daß die Güter, die denen verheißen sind, die tugendhaft leben, von solcher Art sind, daß sie nicht mit Worten ausgedrückt werden können; denn weder hat sie ein Auge gesehen noch ein Ohr gehört noch ist es in das Herz eines Menschen eingedrungen; auch stehen die Strafen für die Sünden in keinem Verhältnis zu irgend etwas von dem, was gegenwärtig unser Denken und Fühlen belastet; und wenn auch irgendwelche Begriffe für jene Strafen in unserem Sprachgebrauch verwendet werden, so ist dennoch der Unterschied nicht gering; denn wenn man das Wort "Feuer" hört, so wird man gleichzeitig gelehrt, etwas anderes zu vermuten, weil hinzugefügt wird "unauslöschlich", was zu diesem Wort "Feuer" eigentlich nicht paßt. (Gregor von Nyssa)

Auf treffliche Weise ist das Feuer der Hölle ausgedrückt; denn unser stoffliches Feuer wird genährt durch zusammengelegtes Holz und es kann nur brennen, solange es angefacht wird, das Feuer der Hölle dagegen, auch wenn es stofflicher Natur ist und die Verdammten körperlich verbrennt, die hineingeworfen sind, dieses Feuer der Hölle wird nicht genährt, sondern einmal angefacht dauert es unauslöschlich an. (Gregor der Große, Moralia)

18 Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk in seiner Predigt.

Und wie im Evangelium nach Johannes von Christus berichtet wird, daß er noch vieles anderes gesagt hat, so kann man auch aus der vorliegenden Stelle ersehen, daß Lukas hier sagte, daß noch manche größere Dinge von Johannes angekündigt wurden als daß sie schriftlich festgehalten werden dürften. Wir bewundern aber Johannes, der der Größte unter den von Frauen Geborenen war, daß er durch die Verdienste seiner Tugend zu einer so großen Wertschätzung aufgestiegen ist, daß er von sehr vielen für Christus selbst gehalten wurde; aber noch wunderbarer ist das, daß er Herodes nicht fürchtete und keine Angst vor seinem eigenen Tod hatte. (Origenes)

 
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