Vorige Seite Vorige Seite   Index   Nächste Seite Nächste Seite
 

LESEJAHR C

Die Zeit im Jahreskreis

33. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 21,5-19
 
Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
In jener Zeit
5 als einige darüber sprachen, daß der Tempel mit schönen Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus:
6 Es wird eine Zeit kommen, da wird von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden.

Die Geschichtsbücher berichten uns, wie herrlich die Architektur des Tempels war, und bis heute sind einige Reste erhalten, an denen man erkennen kann, wie er damals ausgesehen hat. Denen aber, die über den Bau des Tempels staunen, kündigt der Herr an, daß kein Stein auf dem anderen unbeschädigt stehenbleiben werde. Weil die Kulthandlungen dort Gott beleidigten,Lat.: propter cultorum audaciam mußte jener Ort nämlich völlig zerstört werden. (Eusebius)

7 Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen, und an welchem Zeichen wird man erkennen, daß es beginnt?
8 Er antwortete: Gebt acht, daß man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es!, und: Die Zeit ist da. - Lauft ihnen nicht nach!

Von Gott sind uns Gnaden und LehrenLat.: charismata et dogmata gegeben worden, die über den Menschen hinaus gehen, so die Teilhabe am himmlischen Leben, die Macht über die Dämonen, die [Gottes-]Kindschaft, die Erkenntnis des Vaters und die Gabe des Wortes und des Heiligen Geistes. Unser Feind der Teufel geht deswegen umher und versucht, uns die eingepflanzten Samen des Wortes heimlich zu stehlen; der Herr aber, der seine Weisungen wie wertvolle Gaben in uns hineingelegt hat, ermahnt uns, daß wir uns nicht irreführen lassen. Das Wort Gottes hat uns reich beschenkt: nicht nur von dem, was vor Augen ist, brauchen wir uns nicht täuschen zu lassen, nein, auch das Verborgene können wir durch die Kraft des Heiligen Geistes beurteilen. Der Teufel ist ja voll Haß und der Erfinder des Bösen, darum verbirgt er das, was er in Wahrheit ist, und nimmt schlau einen Namen an, der von allen geschätzt wird. Etwa so wie einer, der fremde Kinder in seine Gewalt bringen will, in der Abwesenheit der Eltern deren Gestalt annimmt und so die Kinder in ihrer Erwartung verführt. Bei jeder falschen Lehre verstellt sich der Teufel [in ähnlicher Weise] und sagt: ich bin Christus und bei mir ist die Wahrheit. (Athanasius, Oratio 1 cont. Arian.)

Als der Untergang Jerusalems nahte, standen viele Wortführer auf, die sagten, daß sie der Messias (Christus) seien und daß die Zeit der Freiheit gekommen sei. Und auch in der Kirche gab es viele Irrlehrer, die predigten, daß der Tag des Herrn bevorstünde. Der Apostel Paulus verurteilt sie im Brief an die Thessalonicher (2 Thess 2,2). Auch viele Antichriste sind im Namen Christi gekommen; der erste von ihnen war der Magier Simon und zu ihm sagte man: "Das ist die Kraft Gottes, die man die Große nennt." (Apg 8,10). (Beda)

9 Und wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, laßt euch dadurch nicht erschrecken! Denn das muß als erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort.
10 Dann sagte er zu ihnen: Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere.

Der Herr benennt hier das Schlimme, was dem Untergang der Welt vorausgeht, denn je mehr man es im Voraus kommen gesehen hat, umso weniger wird es [die Herzen] in Unruhe versetzen. Denn der vorausgesehne Pfeil trifft weniger hart. [...] Doch während der Krieg von [äußeren] Feinden ausgeht, werden die Unruhen von den Bürgern [im Inneren] verursacht. Der Herr will uns damit also sagen, daß wir von außen und innen angegriffen werden und daß uns das Leid teils von den Feinden, teils von den Brüdern wird zugefügt werden. (Gregor der Große, Hom 35 in Evang.)

11 Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen, und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen.

Erdbeben sind manchmal ein Zeichen des Zornes Gottes, etwa als die Erde bei der Kreuzigung des Herrn bebte; ein andermal können sie aber auch ein Zeichen der Vorsehung Gottes sein, denn als die Apostel beteten (Apg 4,31), da bebte der Ort, wo sie versammelt waren. (Chrysostomus, Hom. 11 in Act.)

Die Apostel werden ermahnt, daß sie sich durch diese Vorzeichen nicht erschrecken lassen, damit sie nicht deswegen Jerusalem und Judäa verlassen. Man kann das aber auch von den Irrlehrern sagen, die gegeneinander streiten: daß sich ein Reich gegen das andere erheben wird, daß es eine wahre Pest von solchen geben wird, deren Rede sich wie ein Krebsgeschwür verbreitet, daß es eine "Hungersnot" bei denen geben wird, die das Wort Gottes hören wollen, und daß die ganze Erde erschüttert werden wird und es einen Abfall vom wahren Glauben geben wird. Gerade dadurch aber werden sie der Kirche den Sieg bringen. (Beda)

Es gibt freilich auch andere Kriege, die der Christ zu führen hat: den Kämpfe der verschiedenen Begierden und den Streit der Willensbestrebungen gegeneinander. Und die Feinde die sich im eigenen Haus festgesetzt haben, sind viel schwerer zu bekämpfen als die, die von außen kommen. (Ambrosius)

12 Aber bevor das alles geschieht, wird man euch festnehmen und euch verfolgen. Man wird euch um meines Namens willen den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen.

[...] Er will sagen: Zuerst verlieren die Herzen der Menschen ihre Ordnung, danach erst die Kräfte der Natur. So wird gezeigt, woher es kommt, wenn die Ordnung der Dinge aus den Fugen gerät. Denn wenn der Lauf der Welt auch so ist, daß er zu einem Ende kommen muß, so macht der Herr doch deutlich, daß es schlechte Menschen gibt, die zurecht zusammen mit dieser Welt zugrunde gehen. (Gregor der Große, Hom. 35 in Evang.)

13 Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können.
14 Nehmt euch fest vor, nicht im voraus für eure Verteidigung zu sorgen;
15 denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so daß alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können.

Der Herr will den Seinen sagen: Laßt euch nicht erschrecken! Wenn ihr in den Kampf zieht, dann werde ich es sein, der kämpft, und wenn ihr sprecht, dann werde ich es sein, der redet. (Gregor der Große, Hom. 35 in Evang.)

16 Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern, und manche von euch wird man töten.

Wir leiden größere Qualen von dem, was uns die zufügen, über deren Zuneigung wir uns sicher waren, denn zu der körperlichen Verletzung kommt der Schmerz über die verlorene Liebe. (Gregor der Große, Hom. 35 in Evang.)

Sieh welche Zustände damals herrschten! Alle wurden verdächtigt und Familien wurden auseinandergerissen, weil nicht alle denselben Glauben hatten. Der heidnische Sohn wurde zum Verräter an den gläubigen Eltern, und ein im Unglauben verstockter Vater wurde zum Ankläger seines Sohnes, der zum Glauben gekommen war. Menschen jedes Alters waren aufgrund ihres Glaubens der Verfolgung ausgesetzt und den Frauen war ihr zartes Geschlecht kein Schutz. (Gregor von Nyssa)

17 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehaßt werden.
18 Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden.
19 Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.

"Durch die Geduld werdet ihr eure Seele besitzen":So die Vg an dieser Stelle (in patientia vestra possidebitis animas vestras) Wer in schwierigen Situationen die Geduld bewahrt, der wird stark gemacht gegen jede Art von Schwierigkeiten, denn indem er sich selbst überwindet, gewinnt er die Herrschaft über sich selbst [...] Die Seele zu besitzen, was bedeutet es anderes, als in allem vollkommen sein und über alle inneren Regungen aus der Kraft seiner Tugend Herr zu sein? (Gregor der Große, Moralia 5,16)

Durch die Geduld werden wir also unsere Seelen besitzen, denn wenn wir lernen über uns selbst Herr zu sein, dann fangen wir an, das zu besitzen, was wir sind. Und darum liegt der Besitz der Seele in der Tugend der Geduld, weil sie die Wurzel und die Behüterin aller Tugenden ist. Geduld aber heißt, das von anderen zugefügte Böse mit Gleichmut zu ertragen und gegen den, der uns dieses Böse zufügt, keinen Groll zu hegen. (Gregor der Große, Hom. 35 in Evang.)

 
Vorige Seite Vorige Seite Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang Nächste Seite Nächste Seite