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Kurze Einleitung zur Catena aurea



Inhalt

Die Entstehungsgeschichte

Die literarische Gattung der Catena

Die Eigenart der Catena

Die zitierten Kirchenschriftsteller

Editionen und Übersetzungen

Sekundärliteratur


Die Entstehungsgeschichte

Thomas von Aquin (1225?-1274) begann die Arbeit an der Catena Ende 1262 oder Anfang 1263 auf Veranlassung von Papst Urban IV., dem er den ersten Band, den Matthäus-Kommentar, noch vor dessen Tod am 2.10.1264 präsentieren konnte. Die drei folgenden Bände wurden in Rom zwischen 1265 und 1268 fertiggestellt, sie sind seinem Freund und ehemaligen Schüler, dem Kardinal Hannibaldis de Hannibal gewidmet.

Die literarische Gattung der Catena

Die Catena aurea ist der bekannteste der sog. Katenenkommentare. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß jeweils ein zusammenhängender Schrifttext (z. B. ein bestimmtes Buch der Bibel) durch die Kompilation eines festgelegten Kanons von Vätertexten fortlaufend kommentiert wird. Im Gegensatz zu einer Glosse oder einem Scholienkommentar, die als Vorläufer anzusehen sind, werden also nicht nur einzelne schwierige Begriffe oder Aussagen erläutert, sondern der gesamte zugrundeliegende Text. Thomas selbst nennt sein Werk im Widmungsschreiben deswegen expositio continua, und in alten Werksverzeichnissen wird es als glossa continua geführt. Die Gattung der Katenenkommentare war vor allem im griechischen Sprachraum beheimatet. Prokop von Gaza (um 465-um 530) gilt hier als Vorreiter, im lateinischen Westen finden sich solche erst im 8. Jahrhundert (Alkuin, Hrabanus Maurus).

Die Eigenart der Catena

Auf den ersten Blick könnte es scheinen, die Catena aurea sei ein Werk von geringer Eigenständigkeit. Ihr Wert tritt zutage, vergleicht man sie mit den Kompilationen früherer Autoren. So hat Thomas nicht einfach einen Kommentar als Basis herangezogen und in diesen dann Ergänzungen aus anderen Quellen eingearbeitet. Vielmehr weisen die einzelnen Abschnitte eine äußerst subtile Architektonik (J. H. Newman) auf. Nach der zu kommentierenden Schriftstelle folgen dabei zunächst Aussagen, die die Harmonie der verschiedenen Chronologien in den Evangelien aufweisen sollen. Daran schließt sich eine expositio ad litteram an. Falls verschiedene Auslegungen existieren, so wird mit der naheliegendsten begonnen. Bei Stellen von besonderer dogmatischer Relevanz bietet Thomas zusätzlich eine Auswahl aus anerkannten Traktaten zu dem in Frage stehenden Thema. Seine Meisterschaft erweist Thomas, indem es ihm immer wieder gelingt, die früheren Auslegungen auf ihre Substanz zu reduzieren. Wenn er dazu Zitate aus verschiedenen Kapiteln oder Schriften eines Autors kombinieren muß, so tut er dies stets so, daß sowohl der ursprüngliche Sinn als auch der typische Sprachstil erhalten bleiben.

Eine weitere Besonderheit besteht darin, wie Thomas zitiert. Nicht nur, daß er stets seine Quelle offenlegt, in vielen Fällen entnimmt er sein Material nicht (wie sonst in dieser Zeit üblich) den umlaufenden Florilegien, sondern greift direkt auf die Quellen zurück. So ist er der erste scholastische Autor, „der die Akten der ersten fünf ökumenischen Konzilien im Wortlaut verwendet hat” (Weisheipl, 155). Auch Stellen, die er zunächst bei Hrabanus oder in der Glossa ordinaria fand, verfolgte er in der Regel auf den Ursprung zurück und nur, wo dies nicht möglich war, vermerkte er bei einem Zitat einfach Glossa oder Graecus.

Die zitierten Kirchenschriftsteller

Nicht weniger als 57 griechische und 22 lateinische Autoren hat Thomas in der Catena aurea verarbeitet. Auffällig ist dabei vor allem das Übergewicht der östlichen Exegeten: Neben bekannten Gestalten wie Johannes Chrysostomus finden sich dabei auch einige Autoren (z. B. Theophylakt), die im Bereich der westlichen Kirche bis dato völlig unbekannt waren. Deshalb mußte Thomas (wie er in der Widmung an Kardinal Hannibaldis de Hannibal darlegt) zuvor auch eigens einige Werke ins Lateinische übertragen lassen.

Mit dem Namen des Johannes Chrysostomus, der von allen Autoren in der Catena aurea mit Abstand am häufigsten genannt wird, verbindet sich noch eine Besonderheit: Thomas verwendet nämlich außer dem von Burgundio von Pisa übersetzten Homiliarium noch einen damals Chrysostomus zugeschriebenen, unvollendeten Matthäuskommentar. Letzterer stammt freilich, wie wir heute wissen, von einem Anonymus des 5. Jahrhunderts.

Editionen und Übersetzungen

Der lateinische Text der Catena aurea findet sich in allen großen Thomas-Ausgaben:

•   Parma, Bd. 11-12;

•   Vivès, Bd. 16-17;

•   Marietti, 2 Bde., hrsg. von A. Guarenti 1953;

•   R. Busa, Bd. 5.

Im Internet wird der lateinische Text (u. a.) von Enrique Alarcon an der Universität Navarra zur Verfügung gestellt.

An deutsche Übersetzungen sind vorhanden:

•   Thomas von Aquin: Goldene Kette oder fortlaufende, ganz aus den Stellen der Kirchenväter und Kirchenschriftsteller bestehende und kunstvoll verbundene Auslegung der vier Evangelien ; übers. von Johannes N. Oischinger, 7 Bde., Regensburg 1881-1883.

•   J. Hosse (Hrsg.): Die Kirchenväter und das Evangelium. Erläuterungen der Hl. Väter zu den Sonn- und Festtagsevangelien. Auswahl des Hl. Thomas von Aquin. Freiburg 1937.

Sekundärliteratur

•   Jean-Pierre Torrell: Magister Thomas. Leben und Werk des Thomas von Aquin. Freiburg u. a. 1995, insbes. S. 154-159.353.

•   James A. Weisheipl: Thomas von Aquin : Sein Leben und seine Theologie. Graz u. a. 1980, insbes. S. 161-163.

•   John Henry Newman: Preface In: S. Thomas Aquinas: Catena aurea : Commentary on the Four Gospels ; übers. v. M. Pattison, J. D. Dalgains u. T. D. Ryder. Bd. 1, Oxford 1841.

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