Vorige Seite Vorige Seite   Index   Nächste Seite Nächste Seite
 

LESEJAHR A

Die Fastenzeit

ASCHERMITTWOCH

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 6,1-6.16-18
 
Dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
1 Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen; sonst habt ihr keinen Lohn von eurem Vater im Himmel zu erwarten.

Wenn wir also nach dem Ruhm des Gebers verlangen, halten wir selbst in der Öffentlichkeit unsere Werke verborgen vor seinen Augen. Wenn wir aber im Geben danach verlangen, daß man uns lobt, so sind unsere Werke in seinen Augen bereits nach außen gedrungen, selbst wenn viele sie nicht erkennen. Aber es ist wahrlich Eigenschaft der Vollkommenen, bei einer Tat, die sie zeigen, so die Ehre des Urhebers zu suchen, daß sie sich über das Lob, das erfolgt, nicht in Selbstüberhebung freuen können, so wie es auch für die Schwachen notwendig ist, weil sie es durch Verachtung nicht vollkommen überwinden, das Gute, das sie tun, zu verstecken. (Gregor der Große)

Er sagt aber "vor den Menschen zur Schau zu stellen", weil es manche gibt, die so vor den Menschen Gerechtigkeit tun, daß sie nicht von ihnen gesehen werden, sondern die Werke selbst und der Vater, der im Himmel ist, verherrlicht wird: Sie rechnen es nämlich nicht ihrer eigenen Gerechtigkeit an, sondern der Gerechtigkeit dessen, aus dem Glauben an den heraus sie leben. (Augustinus)

Was aber wirst du von Gott empfangen, der du Gott nichts gegeben hast? Denn was um Gottes willen geschieht, wird von Gott gegeben und von ihm wieder empfangen; was aber um der Menschen willen geschieht, wird in die Winde zerstreut. [...] (Pseudo-Chrysostomus)

2 Wenn du Almosen gibst, laß es also nicht vor dir herposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gelobt zu werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.

Er stellt uns aber drei große Güter vor Augen, und zwar das Almosengeben, das Gebet und das Fasten. Sie sind gegen die drei Übel, gegen die der Herr in der Versuchung gekämpft hat: Er hat nämlich für uns gegen die Völlerei in der Wüste, gegen den Geiz auf dem Berg und gegen den eitlen Ruhm auf dem Tempel gekämpft. Das Almosengeben, das austeilt, steht also gegen den Geiz, der ansammelt; das Fasten gegen die Völlerei, weil es ihr entgegengesetzt ist; das Gebet aber gegen die Ruhmsucht - denn während jedes (andere) Übel aus dem Bösen geboren wird, geht allein die Ruhmsucht aus dem Guten hervor: Und so wird sie durch das Gute nicht zerstört, sondern nur noch mehr genährt. Es kann also kein Heilmittel gegen die Ruhmsucht geben als allein das Gebet. (Pseudo-Chrysostomus)

So wie also die Scheinheiligen, das heißt die Heuchler, genauso wie Schauspieler, die Rollen eines spielen, der sie nicht sind - denn der, der Agamemmnon spielt ist nicht wirklich dieser, sondern ahmt ihn nach - so ist auch in den Kirchen und im ganzen menschlichen Leben der ein Scheinheiliger, der erscheinen will, als was er nicht ist: Es tut nämlich so, als sei er gerecht, übt aber keine Gerechtigkeit, der seinen ganzen Lohn in das Lob der Menschen legt. (Augustinus)

Solche aber, die durch Handlungen sündigen, erhalten von Gott, der in das Herz schaut, keinen Lohn außer der Strafe für den Betrug; und so folgt: Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. (Augustinus)

3 Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut.
4 Dein Almosen soll verborgen bleiben, und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

Was nämlich bei den Scheinheiligen mit Schuld belegt ist, weil sie nach dem Lob der Menschen streben, das ist dir verboten zu tun. Deshalb scheint die linke Hand die Freude über das Lob zu bedeuten, die rechte aber die Absicht, die göttlichen Gebote zu erfüllen. Wenn also das Bewußtsein, ein Almosen zu geben, sich mit der Begierde nach menschlichem Lob mischt, gerät die Linke ins Bewußtsein der Rechten. "Deine linke Hand soll nicht wissen ...", das heißt, daß sich das Begehren deines Gewissens nach menschlichem Lob nicht daruntermischen soll. Noch vielmehr verbietet unser Herr, daß die Linke allein in uns wirke, als daß sie sich in die Werke der rechten mische. Zu welchem Zweck er das gesagt hat, zeigt er uns, wenn folgt: "Dein Almosen soll verborgen bleiben". Das bedeutet: [verborgen] in dem guten Gewissen, das mit menschlichen Augen nicht aufgezeigt und auch nicht mit Worten sichtbar gemacht werden kann, wenn etwa viele vieles erlügen. Es genügt für dich aber, um mit diesem deinem Gewissen den Preis zu verdienen, wenn du ihn allein von dem erwartest, der das Gewissen kennt. Und deshalb folgt: Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten. (Augustinus)

5 Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.

Damit ermahnt er uns nicht, daß, sondern wie wir beten sollen; so wie er uns weiter oben nicht ermahnt, daß wir Almosen geben, sondern wie. (Augustinus)

Das Gebet ist gleichsam ein geistlicher Tribut, den die Seele Gott aus ihrem Innersten darbringt. Um so ruhmreicher sie ist, desto versteckter dient sie, damit das Getane nicht wegen der Menschen unbedeutend wird. (Pseudo-Chrysostomus)

6 Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

An verborgenen Orten zu beten, kommt dem Glauben mehr zu, damit wir wissen, daß der Herr überall gegenwärtig ist und daß er in der Fülle seiner Herrlichkeit das Dunkel durchdringt. Wir können unter der Tür des Hauses auch unseren leiblichen Mund verstehen, so daß daraus folgt, daß wir nicht mit lauter Stimme Gott bitten, sondern in der Stille des Herzens, und zwar aus drei Gründen: Erstens, weil Gott nicht mit lauter Stimme bedrängt werden muß, sondern an einem aufrichtigen Gewissen Gefallen hat, da er die Stimme des Herzens hört; zweitens, weil deine geheimen Gebete kein anderer hören muß, außer dir und Gott; drittens weil du dem Anderen nicht erlaubst zu beten, wenn du laut betest. (Cyprianus)

Die Tür soll man also abschließen, das heißt, man muß den fleischlichen Sinnen widerstehen, um das geistliche Gebet zum Vater zu lenken. Dies geschieht im Innersten des Herzens, wo im verborgenen "Vater" gebetet wird. (Augustinus)

16 Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, daß sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten

Denn jenes Gebet ist stark, das mit demütigem Geist und zerknirschtem Herzen verrichtet wird. Wer aber weltliche Freuden genießt, kann keinen demütigen Sinn noch ein zerknirschtes Herz haben. Es ist offenbar, daß das Gebet ohne Fasten dünn und schwach ist. Daher wird allen, die aus irgendeiner Not heraus beten wollen, das Fasten eine Hilfe für das Gebet sein. Deshalb fügt der Herr folgerichtig nach der Lehre über das Gebet die Lehre über das Fasten an und sagt: Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht. Der Herr wußte nämlich, daß aus jedem Gut eitler Ruhm hervorgeht. Daher befiehlt er, den Stachel des eitlen Ruhmes abzuhauen, der aus der guten Erde hervorgeht, damit die Frucht des Fastens nicht ersticke. Es kann zwar nicht geschehen, daß der, der fastet, nicht wahrgenommen werde. Aber es ist besser, daß das Fasten dich zeige als du das Fasten. (Pseudo-Chrysostomus)

Die Frucht des Fastens der Scheinheiligen aber wird offenbar, wenn hinzugefügt wird: "Sie haben ihren Lohn bereits erhalten". Das heißt, den Lohn, den sie ersehnt haben. (Remigius)

17 Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht,
18 damit die Leute nicht merken, daß du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.

Er spricht aber den Riten der Provinz Palästina gemäß, wo man sich zu Festtagen gewöhnlich das Haupt salbt. Er schreibt also vor, daß wir uns, wenn wir fasten, fröhlich und festlich zeigen sollen. (Hieronymus)

Geistlich versteht man das Gewissen als das Gesicht der Seele. So nämlich, wie in den Augen der Menschen ein schönes Gesicht gefällig ist, so ist in den Augen Gottes ein reines Gewissen schön. Die Gesichter der Heuchler, die wegen der Menschen fasten, vergehen, weil sie Gott und die Menschen täuschen wollen. Denn das Gewissen eines, der sündigt, ist immer verwundet. Wenn du also von deiner Seele Liederlichkeit fernhältst, hast du dein Gewissen gewaschen und fastest gut. (Pseudo-Chrysostomus)

Das Fasten soll nämlich nicht so sehr gefüllt werden mit der Sparsamkeit an Speisen, sondern am meisten mit dem Fernhalten von Lastern. Denn während man jene Zucht deswegen auf sich nimmt, damit der Hunger nach fleischlichen Begierden verringert werde, ist es die Art für das Gewissen, nach nichts mehr zu trachten, als daß wir immer rein seien von unrechtem Wollen und Fastende von unehrenhafter Tat. Diese Frömmigkeit läßt die Schwachen nicht auf der Strecke, weil auch bei einem matten Leib die Reinheit der Seele widergefunden werden kann. (Leo der Große)

Geistlich verstanden ist aber dein Haupt Christus. Er dürstet nach Trank, hungert nach Speisen. Und so hast du mit dem Öl der Barmherzigkeit dein Haupt gesalbt - das ist Christus, der im Evangelium ausruft: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. (Mt 25,40) (Chrysostomus)

 
Vorige Seite Vorige Seite Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang Nächste Seite Nächste Seite