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LESEJAHR A

Die Zeit im Jahreskreis

29. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Mt 22,15-21
 
Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus
 
In jener Zeit
15 kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.
16 Sie veranlaßten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, daß du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person.

Zuvor war unter Kaiser Augustus Judäa von den Römern unterworfen worden und es war tributpflichtig geworden, als der ganze Erdkreis in Steuerlisten eingetragen wurde (vgl. Lk 2,1). Im Volk aber gab es großen Streit darüber: die einen sagten, daß die Steuern zu zahlen seien wegen der Sicherheit und der Ruhe, für die die Römer im Sinne aller sorgten. Die Pharisäer aber, die sich in ihrer eigenen Gerechtigkeit gefielen, traten dafür ein, daß das Volk Gottes nicht menschlichen Gesetzen unterliege, denn es entrichtete den Zehnten, brachte die Erstlingsopfer dar und erfüllte auch alles andere, was im Gesetz geschrieben stand. Der Kaiser Augustus aber hatte Herodes, den Sohn des Antipater, einen Ausländer und Proselyten, als König über die Juden eingesetzt. Er leitete die Entrichtung des Tributs und gehorchte der römischen Herrschaft.
Die Pharisäer schickten also ihre Jünger zusammen mit den Herodianern, das heißt mit den Soldaten des Herodes oder mit denen, die die Pharisäer als "Herodianer" verspotteten, weil sie den Römern Tribut zahlten und nicht am Opferkult teilnahmen. (Hieronymus)

Sie schickten ihre Jünger zusammen mit den Herodianern, damit Jesus, was immer er sagte, getadelt werden konnte. Sie wünschten sich freilich mehr, daß er etwas gegen die Herodianer sagte, denn - da sie sich selbst fürchteten, Hand an ihn zu legenVgl. Mt 21,46; Mk 12,12 - wollten sie ihn so in Gefahr bringen, denn er mußte ja [ebenfalls] Steuern zahlen. (Chrysostomus, Hom. in Matth. 70)

Die erste Täuschung der Lügner besteht darin, daß sie die loben, die sie zugrunde richten wollen. Und deshalb sprechen sie ihm ein Lob aus, indem sie sagen: "Meister, wir wissen, daß du immer die Wahrheit sagst". Meister nennen sie ihn, damit er so geehrt und gelobt ihnen sein Herz öffne in dem Glauben, sie seien seine Jünger. (Pseudo-Chrysostomus)

Drei Gründe aber gibt es, daß einer nicht die Wahrheit sagt: Der erste liegt beim Sprecher selbst, der die Wahrheit entweder nicht kennt oder sie nicht liebt. Um das auszuschließen sagen sie: "Wir wissen, daß du wahrhaftig bist". Der zweite liegt bei GottOder besser: in der Beziehung zu Gott: Denn manche zeigen keine Ehrfurcht vor ihm und obwohl sie die Wahrheit über ihn kennen, verkünden sie sie nicht unverfälscht. Um das auszuschließen, sagen sie: "und du lehrst wirklich den Weg Gottes". Der dritte Grund schließlich liegt beim Nächsten: aus Furcht oder Liebe gegenüber dem Nächsten verschweigt mancher die Wahrheit. Um das auszuschließen sagen sie: "du nimmst auf niemand", d.h. auf keinen Menschen, "Rücksicht und du siehst nicht auf die Person." (Glossa)

Das ist eine heimliche Anspielung auf Herodes und den Kaiser. (Chrysostomus)

17 Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?

Sie wußten nämlich, daß andere deswegen schon als Aufrührer hingerichtet worden waren, und durch diese Frage wollten sie ihn in denselben Verdacht bringen. (Chrysostomus)

18 Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?

Er antwortet nicht in dem schmeichlerischen Ton, wie ihre Rede gewesen war, sondern mit der Härte, die ihren grausamen Gedanken entsprach, denn Gott antwortet auf das Herz und nicht auf die Worte. (Pseudo-Chrysostomus)

Er nennt sie Heuchler, damit sie wissen, daß er die Herzen der Menschen kennt, und damit sie das, was sie tun wollen, nicht ausführen. Sieh her: die Pharisäer haben schmeichlerische Worte, um ihn zu verderben, er aber faßt sie hart an, um sie zu retten. Der Zorn Gottes ist für den Menschen von größerem Nutzen als die Gunst der Menschen. (Pseudo-Chrysostomus)

19 Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin.
20 Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das?
21 Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!

Wenn du hörst: "Gib dem Kaiser, was dem Kaiser gehört", so wisse, daß er das nur von den Belangen sagt, die dem Glauben nicht schaden. Denn wenn jemand so etwas täte, dann wäre das kein Tribut an den Kaiser mehr, sondern an den Teufel. Und damit sie nicht sagen können: "Du lieferst uns den Menschen aus", fügt er noch hinzu: "und Gott, was Gott gehört". (Chrysostomus, In Matth.)

Wir müssen Gott geben, was ihm gehört, das heißt den Leib, die Seele und unsere Willenskraft. Diejenige Goldmünze gehört dem Kaiser, die sein Bild trägt. Die Münze aber, die Gott gehört, ist der Mensch, in den das Bild Gottes eingezeichnet ist. Darum gebt euren Reichtum dem Kaiser, euer reines Gewissen aber bewahrt für Gott. (Hilarius, In Matth.)

Durch das Beispiel des Erlösers lernen wir aus dieser Stelle, daß wir nicht unter dem Vorwand der Religion nach dem streben sollen, was viele sagen und was deswegen statthaft erscheinen mag, sondern daß [wir uns nach dem richten sollen], was zutreffend mit Vernunftgründen gesagt wird.
Man kann diese Stelle aber auch im Hinblick auf das rechte Verhalten auslegen: wir müssen dem Leib - gewissermaßen als Tribut für den Kaiser - etwas, d.h. das Notwendige, geben. Doch was gut für unsere Seele ist, d.h., was uns zur Tugend führt, das müssen wir Gott darbringen. Diejenigen also, die die Beachtung des Gesetzes Gottes übertreiben und vorschreiben, man soll dem Leib nicht das zukommen lassen, was man ihm schuldet (etwa indem sie verbieten zu heiraten oder Nahrung zu sich zu nehmen, die Gott doch geschaffen hat), das sind die Pharisäer, die verbieten dem Kaiser Tribut zu leisten. Diejenigen aber, die meinen, man müsse dem Leib über Gebühr nachgeben, das sind die Anhänger des Herodes. Unser Erlöser aber will, daß weder die AskeseHier lat.: virtus kleingehalten wird, indem man sich ohne Maß zum Sklaven seines Fleisches macht, noch daß unsere leibliche Natur unterdrückt wird, indem man allzusehr an asketischen Übungen hängt. (Origenes)

 
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