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LESEJAHR A

Die Drei Österlichen Tage und die Osterzeit

7. SONNTAG DER OSTERZEIT

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 17,1-11a
 
Vater, verherrliche deinen Sohn!
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit
1 erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht.

"Er erhob die Augen zum Himmel", um uns zu lehren, wie wir uns beim Beten ausspannen sollen: Wir sollen stehend unsere Augen zum Himmel richten, nicht nur die Augen des Leibes, sondern auch die des Geistes. (Chrysostomus)

Es hätte der Herr in unserer sterblichen Menschennatur auch schweigend beten können, wenn es nötig gewesen wäre. Doch hier wollte er sich zeigen als jemand, der vor dem Vater im Himmel als Beter steht, um in Erinnerung zu rufen, daß er unser Lehrmeister ist. Die Auferbauung der Jünger besteht nämlich nicht nur in der Predigt, die an sie gerichtet ist, sondern auch im Gebet, das für sie an den Vater gerichtet ist. Und wahrlich ist es auch Auferbauung für uns, die wir das Geschriebene einst lesen würden. Da er spricht: "Vater, die Stunde ist gekommen", weist er darauf hin, daß jede Zeit, was er tue und wann, und was er geschehen lasse, unter der Vorsehung dessen stehe, der keiner Zeit unterworfen ist. wir sind ja im Glauben überzeugt, daß diese "Stunde" nicht aufgrund schicksalshafter Notwendigkeit gekommen sei, sondern vielmehr weil Gott es so geordnet hat. Das sei ferne, daß Gestirne die Sterbestunde dessen bestimmten, der die Gestirne erschaffen hat! (Augustinus)

"Verherrliche deinen Sohn": Er bekennt damit sich selbst nicht nur durch die Bezeichnung als Sohn, sondern in einer ganz eigentümlichen Bedeutung: als "dein" Sohn. Sind doch auch wir vielen Kinder Gottes; doch er ist Sohn in einer anderen Bedeutung. Er ist seine besondere Eigenschaft, Sohn zu sein, er ist der wahre Sohn, Sohn von seinem Ursprung her, nicht aufgrund von Adoption, Sohn in Wahrheit, nicht nur dem Namen nach, gezeugt, nicht geschaffen. (Hilarius)

Wenn man davon spricht, er sei verherrlicht in seinem Leiden, wie viel mehr dann in seiner Auferstehung! Denn das Leiden spricht zu uns mehr von seiner Demut und Erniedrigung als von seiner Herrlichkeit. Wenn er also sagt: "Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche deinen Sohn", dann soll man das so verstehen: Gekommen ist die Stunde, daß die Niedrigkeitsgestalt gesät wird, verzögere nicht die Frucht der Herrlichkeitsgestalt. (Augustinus)

Man kann zu Recht fragen, wie der Sohn den Vater verherrlichen kann, da die ewige Herrlichkeit des Vaters in der menschlichen Gestalt weder gemindert war, noch in ihrer göttlichen Vollendung je vermehrt werden kann. Doch bei den Menschen war diese Herrlichkeit geringer, solange Gott nur beim jüdischen Volk bekannt war. Insofern also durch das Evangelium Christi der Vater auch den Heiden bekannt wurde, hat der Sohn den Vater verherrlicht. Er sagt also: "Verherrliche deinen Sohn, wie dein Sohn dich verherrlicht", das soll heißen: Erwecke mich von den Toten, damit du dem ganzen Erdkreis durch mich bekannt wirst. Anschließend läßt er noch deutlicher erkennen, wie der Sohn den Vater verherrlicht: "Wie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch, auf daß er allen, die du ihm gegeben hast, das ewige Leben verleihe." "Alles Fleisch" bedeutet "jeden Menschen", das Ganze wird hier durch einen Teil bezeichnet. Daß Christus vom Vater die Gewalt über alles Fleisch erhalten hat, ist hinsichtlich seiner Menschennatur zu verstehen. (Augustinus)

2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.

"Vollmacht über alles Fleisch": Das soll erweisen, daß die Verkündigung Christi sich nicht allein auf das jüdische Volk erstreckt, sondern auf die ganze Erde. Was aber bedeutet "alles Fleisch"? Es haben doch nicht alle geglaubt. Und doch: Soweit es von ihm abhing, sollten alle glauben. Wenn sie jedoch nicht auf das achteten, was ihnen gesagt wurde, dann trifft der Vorwurf nicht den, der spricht, sondern die, welche das Wort nicht aufnehmen. (Chrysostomus)

3 Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.

Im ewigen Leben werden wir nicht mehr sterben. Dann wird die Erkenntnis Gottes vollkommen sein, wenn es keinen Tod mehr gibt; höchste Verherrlichung Gottes, weil höchste Glorie. (Augustinus, De trin. VI, 9)

4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast.

"Ich habe dich auf der Erde verherrlicht": Ja, treffend heißt es: "auf der Erde"; denn im Himmel war er immer verherrlicht, denn er hat die Herrlichkeit in seinem Wesen, und er wird von den Engeln angebetet. Hier aber ist die Rede nicht von jener Herrlichkeit, die dem Wesen Gottes eigen ist, sondern von jener, die in der Verehrung durch die Menschen zum Ausdruck kommt. Daher folgt: "Ich habe das Werk vollendet, das du mir zu tun übergeben hast." (Chrysostomus)

5 Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war.

"Nun verherrliche mich du, Vater": Er betete, daß das, was er in der Zeit war, jene Herrlichkeit erhalte, die ihm außerhalb der Zeit zueigen ist. Das sterbliche Fleisch sollte in Gottes Kraft und die Unsterblichkeit des Geistes übergehen und verwandelt werden. (Hilarius)

6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten.

"Ich habe deinen Namen den Menschen kundgemacht, die du mir aus der Welt gegeben hast", denen, die mich dies sprechen hören. "Deinen Namen": nicht den Namen mit dem du "Gott" genannt wirst, sondern den Namen "mein Vater". Dieser Name kann nicht kundgemacht werden, ohne daß auch der Sohn selbst damit kundgemacht wird. Jener dagegen, mit dem er "Gott des ganzen Universums" genannt wird, konnte auch den Heiden, bevor sie noch an Christus glaubten, nicht völlig unbekannt sein. Unter der Hinsicht, daß Gott diese Welt geschaffen habe, war er auch unter allen Heidenvölkern bekannt, noch bevor sie mit dem Glauben an Christus in Berührung kamen. Unter der Hinsicht, daß er nicht zusammen mit falschen Göttern verehrt werden dürfe, war er in Juda bekannt. Unter der Hinsicht aber, daß er der Vater dieses Christus sei, durch den er die Sünde der Welt hinweg nimmt, unter dieser Hinsicht war sein Name zuerst verborgen, und jetzt offenbarte er ihn denen, die ihm der Vater "aus der Welt gegeben" hatte. "Du hast sie mir aus der Welt gegeben", heißt, daß sie "nicht von der Welt" sind; das bezieht sich auf die neue Geburt, nicht auf die natürliche Abstammung. Was aber heißt: "Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben"? Hatte der Vater jemals etwas, ohne daß es auch der Sohn hatte? Unmöglich! Doch hatte der Gottessohn etwas, was er als Menschensohn noch nicht hatte, als er nämlich noch nicht aus seiner Mutter Mensch geworden war. Wenn er also sagt: "Sie waren dein", dann trennt sich damit nicht Gott Sohn vom Vater, sondern er schreibt ihm - wie er es häufig tut - alles zu, was er kann; denn er selbst, und alles, was er kann, hat ja seinen Ursprung im Vater. Wenn er sagt: "Du hast sie mir gegeben", so zeigt er damit, daß er diese Macht als Menschgewordener empfangen hat. (Augustinus)

"Sie haben dein Wort bewahrt": "Wort des Vaters" nennt er sich selbst [...] als wollte er sagen: Sie haben mich in ihr Gedächtnis aufgenommen, um mich niemals zu vergessen. (Beda)

7 Sie haben jetzt erkannt, daß alles, was du mir gegeben hast, von dir ist.

Woher haben sie das gelernt? Aus meinen Worten, sagt er, mit denen ich sie gelehrt habe, daß ich von dir meinen Ausgang genommen habe. Das ist es, was das Evangelium durchgehend aufweisen will. (Chrysostomus)

8 Denn die Worte, die du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen. Sie haben wirklich erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, daß du mich gesandt hast.

"Sie haben die Worte angenommen", das heißt: verstanden und daran festgehalten. Dann nämlich wird ein Wort aufgenommen, wenn es im Geist aufgenommen wird. Darum folgt: "Sie haben wahrhaft erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin". Und damit nicht jemand meint, das sei eine Erkenntnis durch Schau und nicht durch Glauben gewesen, fügt er hinzu: "Und sie haben geglaubt", wahrhaft geglaubt, "daß du mich gesandt hast." Sie haben das wahrhaft geglaubt, was sie wahrhaft erkannten. "Daß ich von dir ausgegangen bin" ist nämlich das gleiche wie: "Daß du mich gesandt hast". Er sagt von ihnen, sie hätten geglaubt: das heißt, wahrhaft geglaubt - nicht in dem Sinn, wie oben von "Glauben" die Rede gewesen ist - "wahrhaft", so wie man glauben muß, unerschütterlich, fest, stark. Sie würden nicht mehr zu ihrem eigenen zurückkehren und Christus verlassen. Doch noch waren die Jünger nicht von dieser Art. Der Herr spricht hier in der Vergangenheit, als wollte er vorausverkünden, wie die Jünger sein würden, wenn sie den Heiligen Geist empfangen hätten. (Augustinus)

9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir.
10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht.
11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir.

Unter "Welt" will er diejenigen verstanden wissen, die entsprechend dem Begehren der Welt leben [...] Diejenigen aber, die ihm der Vater gegeben hat, gehören eben dadurch nicht mehr zu der Welt, für die er nicht bittet. (Augustinus)

"Schon bin ich nicht mehr in der Welt, sie aber sind in der Welt", das heißt: Auch wenn ich nicht mehr sichtbar erscheine, so werde ich verherrlicht durch diejenigen, die für mich sterben, wie auch für den Vater, und die mich verkünden, wie auch den Vater. (Chrysostomus)

 
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