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LESEJAHR C

Die Zeit im Jahreskreis

20. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 12,49-53
 
Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern Spaltung
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
49 Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!

Das VorausgehendeLk 12, 42-48 ist offenbar den Verwaltern, d.h. den Priestern gesagt worden, damit sie wissen, daß sie eine schwere Strafe erwartet, wenn sie es vernachlässigen, die Familie des Herrn [gut] zu führen. Weil es aber nur einen geringen Fortschritt bedeutet, wenn jemand aus Furcht vor Strafe vom Irrtum abläßt, darum begeistertLat.: inflammat der Herr [die Menschen], das Verlangen nach Gott zu suchen, wenn er sagt: "Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen." Nicht das Feuer, das die Guten vernichtet, sondern jenes, das den guten Willen gebiert, das die goldenen Gefäße im Haus des Herrn läutert, das Stroh und die Stoppeln aber verbrennt. (Ambrosius)

Mit "Erde" aber meint er hier nicht das, worauf wir mit den Füßen stehen, sondern das, was er mit seinen Händen gebildet hat: den Menschen. Ihn entflammt der Herr, damit seine Sünden getilgt werden und seine Seele [wieder] neu wird. (Chrysostomus)

Man ersieht daraus auch, daß er vom Himmel gekommen ist, denn wenn er von der Erde zur Erde gekommen wäre, hätte er nicht gesagt: "Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. (Titus)

Den Brand dieses Feuers aber wollte der Herr beschleunigen, darum heißt es: "Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!" Denn es hatten zwar schon einige aus Israel zum Glauben gefunden - die ersten von ihnen waren die heiligen Apostel -, aber dieses in Judäa einmal entzündete Feuer sollte sich über die ganze Welt ausbreiten, jedoch erst nach seinem gottgewollten Leiden, weswegen es heißt: "Ich muß mit einer Taufe getauft werden". Denn vor seinem heiligen Kreuz und seiner Auferstehung von den Toten waren seine Verkündigung und seine Wunder nur in Judäa bekannt, nachdem sie aber den Fürst des Lebens in ihrer Umnachtung getötet hatten,Vgl. Apg 3,15 befahl er selbst den Aposteln: "Geht hin und lehrt alle Völker" (Mt 28,19)! (Cyrill)

50 Ich muß mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.

So weit beugt sich der Herr herab, daß er sagt, es verlangt ihn danach, uns mit Hingabe zu erfüllen, uns zur Vollkommenheit zu bringen und für uns zu leiden; darum heißt es [auch]: "Und wie bedrückt bin ich, bis sie vollzogen ist." Manche Handschriften haben [an dieser Stelle] auch: wie unruhig (coangor), d.h. wie betrübt (contristor) bin ich, denn in sich selbst hatte er nichts, was ihn hätte schmerzen können - unsere Not war es, die ihn bedrückte. Auch die Traurigkeit, die ihn bei seinem Tode befiel, kam nicht daher, daß er Todesangst hatte, sondern weil unsere Erlösung noch auf sich warten ließ. [...] (Ambrosius)

51 Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, nicht Frieden, sondern Spaltung.

Warum sagst du das Herr? Du bist nicht gekommen Frieden zu geben? Du, der du selbst unser Friede geworden bist (vgl. Eph 2,14), der du durch dein Kreuz Himmel und Erde befriedet hast (vgl. Kol 1,20), der du gesagt hast: "Meinen Frieden gebe ich euch" (Joh 14,27)! - Der Friede ist ganz offenbar von Nutzen, manchmal aber schadet er auch, wenn er uns von der Liebe zu Gott entfernt, dann, wenn man durch ihn denen zustimmt, die sich weit von Gott entfernt haben. Darum lehrt er die Gläubigen, sie sollen sich von solchen irdischen Bündnissen fernhalten, wie es im folgenden heißt: (Cyrill)

52 Denn von nun an wird es so sein: Wenn fünf Menschen im gleichen Haus leben, wird Zwietracht herrschen: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei,
53 der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.

In einem mystischen Verständnis ist das eine Haus ein einzelner Mensch. Und häufig lesen wir, daß zwei in ihm wohnen: die Seele und der Leib. [...] Die drei aber sind die drei Affekte der Seele: der vernunfthafte (rationabilis), der begehrliche (concupiscibilis) und der mutartige (irascibilis). Die zwei werden also gegen drei aufgeteilt, und die drei gegen zwei. Durch das Kommen Christi aber ist der Mensch, der unvernünftig (irrationabilis) war, vernünftig geworden. Wir waren fleischlich und irdisch - und der Herr sandte seinen Geist in unsere Herzen, so daß wir geistliche Kinder wurden.
Man kann aber auch sagen, daß in diesem Haus noch andere fünf wohnen, nämlich [die fünf Sinne]: Geruch, Tastsinn, Geschmack, Sehen und Hören. Wenn wir also nach dem Maß dessen, was wir hören und lesen (durch den Gesichtssinn und das Gehör), [all] die überflüssigen körperlichen Reize, die wir durch den Geschmack, Berührung und Geruch aufnehmen, ausscheiden, dann teilen wir die zwei gegen die drei, denn der Geist läßt sich dann von den Verlockungen der Laster nicht gefangennehmen. [...]
Das Fleisch freilich spürt schmerzlich, daß es durch sein Verlangen, das aus ihm selbst geboren wird, wie durch Dornen in dieser Welt festgehalten wird. Die Lust jedoch ist - gleichsam als die Schwiegertochter des Körpers und der Seele - mit dem Streben nach üblen Leidenschaften verheiratet. Solange diese alle unter der Führung der Laster in dem einen Haus eines Sinnes sind, scheint es keine Entzweiung zu geben. Wenn aber Christus das Feuer auf die Erde wirft, so daß die Verfehlungen des Herzens ausgebrannt werden, oder wenn er mit dem Schwert kommt, das [alle] Geheimnisse durchdringt, dann werden Fleisch und Seele wunderbar neu geschaffen und sie lösen die Verbindung mit ihrer [üblen] Nachkommenschaft: so trennen sich die Eltern von ihren Kindern, wenn er, den zuvor die Maßloßigkeit antrieb, [d.h. das Fleisch] ihr nun abschwört und sie, die Seele, sich von der Schuld lossagt.Lat.: declinat consortium culpae - sie kündigt die 'Lebensgemeinschaft' mit der Schuld auf. Und auch die Kinder trennen sich von den Eltern, wenn die neuen Menschen die alten Laster ablegen, und wenn die pubertierende Lust die Zucht eines strengen [Eltern-]Hauses flieht. (Ambrosius)

 
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