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LESEJAHR C

Die Zeit im Jahreskreis

26. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 16,19-31
 
Lazarus wird jetzt getröstet, du aber mußt leiden
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
In jener Zeit sprach Jesus:
19 Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte.

Vorher hatte der Herr die Mahnung ausgesprochen, sich mit dem ungerechten Mammon Freunde zu machen; aber die Pharisäer lachten darüber. Da bekräftigt er das Gesagte mit Beispielen: "Es war einmal ein reicher Mann." (Beda)

"Es war einmal", das ist Vergangenheit, nicht Gegenwart; denn dieser Reiche verging wie ein flüchtiger Schatten. Nicht jede Armut ist heilig, und nicht jeder Reichtum verbrecherisch. Weil aber Luxus und Verschwendung den Reichtum verwerflich macht, ebenso wie Heiligkeit die Armut adelt, fährt der Herr fort, daß der Reiche sich "in Purpur und feines Leinen kleidete". (Chrysostomus)

Wäre der Kult, den manche um feine und kostbare Gewänder treiben, nicht schuldhaft, dann hätte das WORT Gottes dies nicht so ausdrücklich erwähnt. Niemand verlangt nach kostbaren Kleidern aus einem anderen Grund als dem eitlen Ruhm: Er möchte geehrter als die anderen erscheinen. Wer wollte sich kostbar kleiden, wenn ihn niemand sieht? (Gregor der Große)

"Auch speiste er täglich glanzvoll": Man soll hier genau hinschauen: Es ist schwer, solche Gastmähler zu feiern, ohne sich schuldig zu machen; denn fast immer wird die Schlemmerei von unbeherrschter Ausgelassenheit begleitet. Während der Leib beim genußvollen Schmausen die Zügel schießen läßt, verliert auch das Herz in ausgelassener Freude seine Zucht. (Gregor der Große)

20 Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war.

Es scheint eher eine Erzählung als eine Parabel zu sein, da nun auch ein Name genannt wird. (Ambrosius)

Um eine Parabel handelt es sich, wenn etwas Beispielhaftes erzählt wird, ohne daß Namen genannt werden. Lazarus aber wird gedeutet als "einer, dem geholfen wurde". Er war arm, und der Herr half ihm. (Chrysostomus)

Das heutige Evangelium ist als eine Parabel, gleichnishaft, geschrieben. Es will denjenigen, welche an irdischem Reichtum Überfluß haben, klar machen, daß sie ein strenges Urteil zu erwarten haben, wenn sie nicht den Armen zu Hilfe kommen. Die jüdische Überlieferung erzählt von einem gewissen Lazarus zu damaligen Zeit in Jerusalem, der sehr arm und von Krankheit geschlagen war; an ihn erinnert sich der Herr und nimmt ihn als Beispiel, um die Predigt noch handgreiflicher zu machen. (Cyrill)

Bemerke wohl, daß die Leute gewöhnlich viel eher die Namen der Reichen wissen als die der Armen. Der Herr aber nennt den Namen des Armen - und den des Reichen nicht. Denn Gott kennt und anerkennt die Niedrigen, und die Stolzen kennt er nicht. (Gregor der Große)

21 Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Statt dessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren.

"Er lag vor der Tür des Reichen", damit dieser nicht sagen konnte: Ich habe es nicht gesehen, niemand hat mir davon berichtet. [...] Du unseligster aller Menschen! Da siehst du deinen eigenen leiblichen Tod vor der Tür liegen, und hast kein Erbarmen! Wenn du schon auf Gottes Gebot nichts gibst, so erbarme dich doch wenigstens deiner eigenen Situation als Mensch und fürchte, daß es dir selbst so gehen könnte! Krankheit ist noch einigermaßen erträglich, wenn jemand Geld hat; aber wie groß muß die Pein bei jenem Menschen sein, der seine Wunden und Schmerzen nicht spürt, weil er vor allem den Hunger spürt? "Er hätte gern seinen Hunger gestillt", das klingt, als wollte er sagen: Was vom Tisch fällt, das gib als Almosen. Mach aus dem, was du sowieso verlierst, einen Gewinn! (Chrysostomus)

Unersättlich ist die Habgier der Reichen: sie fürchtet Gott nicht und hat keine Ehrfurcht vor dem Menschen, sie schont den eigenen Vater nicht, kennt keine Treue gegenüber dem Freund, unterdrückt die Witwen und vergreift sich am Eigentum der Waisen. (Augustinus)

Die Geschwüre, die keines Menschen Hand anfassen oder waschen wollte, leckten sanftmütig die wilden Tiere. (Chrysostomus)

Manchmal werden in der Hl. Schrift unter den "Hunden" die Verkündiger des Wortes Gottes bezeichnet. Die Berührung einer Wunde durch die Zunge eines Hundes wirkt heilend. Wenn die heiligen Lehrer uns beim Bekenntnis unserer Sünden belehren, dann berühren sie sozusagen die geistige Wunde mit ihrer Zunge. (Gregor der Große)

22 Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben.

Wir haben gehört, wie es den beiden auf Erden ergangen ist, nun sehen wir, wie es ihnen im Jenseits ergeht. Das Irdische war, es ist vorbei; was nun folgt, ist ewig. Beide starben; den einen nahmen die Engel auf, den anderen erwarteten Strafleiden. Plötzlich wechselt das Wohlleben in solche Pein. Der andere wird nach so viel Mühsal sogar getragen - und von Engeln getragen - , um ihm die Mühe des Gehens zu ersparen; denn er war schwach. Und es genügte nicht ein einziger Engel, den Armen zu tragen, sondern mehrere kamen, um einen Chor der Freude zu bilden. Jeder Engel freut sich, solch eine Last zu berühren. Mit Freuden lassen sie sich solche Last aufbürden, um die Menschen ins Reich der Himmel zu führen. Er wurde in den Schoß Abrahams getragen, auf daß dieser ihn zärtlich liebkose. Der Schoß Abrahams ist das Paradies. Dienende Engel nahmen den Armen auf und versetzten ihn in den Schoß Abrahams, weil er nicht verzweifelte, obwohl er so verachtet da lag, und nicht lästerte, indem er sagte: Dieser Reiche lebt in Schlechtigkeit und freut sich des Lebens, keine Trübsal erfährt er, und ich bekomme nicht einmal das Notwendige zum Essen. (Chrysostomus)

Wenn du glaubst, Abrahams Schoß sei körperlich zu verstehen, dann, fürchte ich, wird man annehmen, daß du in einer so wichtigen Sache scherzhaft redest, statt im Ernst. Du wirst doch nicht dermaßen irregeleitet sein, daß du glaubst, der leibliche Schoß eines einzigen Menschen könne so viele Seelen tragen, oder gar - wenn ich mich auf deinen Standpunkt stelle - so viele Leiber, wie die Engel dorthin brächten. Oder meinst du etwa, Lazarus sei der einzige, der verdient habe, dahin zu gelangen? Wenn du also nicht in deinem kindischen Irrtum verharren willst, dann verstehe den Schoß Abrahams als den Ort, wo Abraham ist, einen entfernten und abgeschiedenen Ruhesitz: "Abrahams" nicht deswegen, weil er nur ihm gehörte, sondern weil dieser der Vater vieler Völker sein sollte - ist er uns doch als Beispiel für den Vorrang des Glaubens vor Augen gestellt. (Augustinus)

Die Unterwelt ist Ort im Inneren der Erde, von keiner Seite kommt Licht, es ist finster. [...] (Basilius der Große)

Oder: Wie die Gefängnisse der Könige außerhalb sind, so ist die Unterwelt irgendwo vor den Toren der Welt; darum spricht man auch von der "Finsternis draußen". (Chrysostomus)

Manche sagen auch, die UnterweltLat.: infernus sei der Übergang vom Sichtbaren zum Verschwinden, oder die GestaltlosigkeitOder: Mißgestalt der Seele. solange nämlich die Seele eines Sünders im Leibe ist, wird sie sichtbar durch die ihr zugehörenden Handlungen. Wenn sie aber den Leib verläßt, wird sie dieser Gestalt beraubt.Lat.: deformis (Theophylactus)

23 In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß.

Wäre Abraham damals nicht noch im Bereich der UnterweltLat.: in imis gewesen, dann hätte ihn der Reiche in seiner Qual nicht sehen können. Wer nämlich auf den Wegen der himmlischen Heimat gewandelt war, den nahm zwar die Unterwelt auf, aber nicht damit er wie die Sünder dort Strafe erleide, sondern damit er an einem entfernten Ort ausruhe. Denn noch war der Mittler nicht gekommen; und alle [vor seiner Ankunft] waren durch die Erbsünde am Eintritt in das Himmelreich gehindert. (Gregor der Große)

Da waren viele gerechte Arme, aber dem Blick des Reichen begegnete derjenige, der vor seiner Haustür gelegen hatte. Das zeigt uns, daß alle, die wir verletzt haben, unserem Blick vorgehalten werden. (Chrysostomus)

24 Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir, und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.

Vergeblich ist deine Buße, denn es ist nicht mehr die Zeit der Buße. Ich weiß nicht, ob jemand, der sich im Himmelreich befindet, sich eines Menschen in der Unterwelt erbarmen kann. Es ist der Schöpfer, der sich seines Geschöpfes erbarmt. Ein einziger Arzt kam, die Kranken zu heilen, andere können nicht heilen. (Chrysostomus)

"Schick Lazarus [...]": Du bist im Irrtum, Elender. Abraham kann nicht senden, er kann nur aufnehmen. [...] Siehe, jetzt bedarf der Reiche des Armen . Die Dinge haben sich gewandelt, und allen ist nun klar, wer der Reiche und wer der Arme ist. Wie im Theater, wenn es Abend wird und die Zuschauer nach Hause gehen, dann kommen auch die Schauspieler heraus, und sie legen ihre Kostüme ab, die Könige und Prätoren zu sein schienen; man sieht alle ihre Geschwüre, so wie sie sind. So wird es auch sein, wenn es zum Sterben kommt und das Schauspiel zu Ende ist: Alle werden die Masken des Reichtums oder der Armut ablegen, und allein an den Werken wird man sehen, wer wirklich arm oder reich, der Ehre oder der Schande wert gewesen. (Chrysostomus)

25 Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, daß du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber mußt leiden.

Als wollte er sagen: Wenn du in deinem Leben etwas Gutes getan hast, wofür Dir Lohn gebührt, dann hast du alles bereits im Leben empfangen, [...] und wenn dieser hier irgendein Unrecht begangen hat, so hat er dafür bezahlt mit seiner Armut, seinem Hunger und allen Leiden. Jeder von euch ist hier nackt erschienen: dieser entblößt von Schuld, weswegen er Trost verdient hat, du aber entblößt von Gerechtigkeit, weswegen du Strafe zu erdulden hast, die nicht abgemildert werden kann. (Chrysostomus)

Nun wirst du vielleicht sagen: Gibt es denn niemanden, der hier und drüben Schonung erfährt? Das ist sehr schwer, es gehört schier zu den unmöglichen Dingen. Wenn die Armut nicht drückt, dann drückt der Ehrgeiz, wenn nicht Krankheit ein Stachel im Fleisch ist, dann flammt leicht der Zorn auf, wenn nicht Prüfungen anstürmen, dann kommen unrechte Gedanken hoch. Es ist keine geringe Mühe, den Zorn zu zügeln, unerlaubtes Begehren zu meistern, Eitelkeit und Prahlsucht zu dämpfen, Verzweiflung hinter sich zu werfen, ein asketisches Leben zu führen. Wenn man nichts davon tut, kann man nicht gerettet werden. (Chrysostomus)

26 Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, so daß niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.

"Chasma mega": ein ungeheurer Abgrund. Das bezeichnet den Abstand, der zwischen Gerechten und Sündern liegt. Wie ihr Streben und Wünschen unterschiedlich war, so auch ihre Wohnungen. - Hier hast du auch ein Argument gegen Origenes' Anhänger, die sagen: Da irgendwann die Strafe ein Ende haben muß, wird es eine Zeit geben, wo die Sünder mit Gott und den Gerechten vereint werden. (Theophylactus)

27 Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters!
28 Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen.
29 Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.

Als würde er antworten: Deine Brüder sind keine größere Sorge für dich als für Gott, der sie erschaffen hat. Er hat ihnen auch Lehrer gegeben, die sie mahnen und wachrütteln sollen. (Chrysostomus)

30 Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren.
31 Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Wer die Worte des Gesetzes verachtet, wird die Vorschriften des Erlösers, der von den Toten auferstanden ist, noch weniger leicht erfüllen; denn sie sind noch geistiger. (Gregor der Große)

Bedenke aber auch dies: Alles, was die Schrift sagt, spricht der Herr. Auch wenn ein Toter aufersteht, auch wenn ein Engel vom Himmel gesandt wird, die heilige Schrift verdient mehr Glauben als all dies. Denn der Herr der Engel, der Herr über Lebende und Tote hat die Schriften gegeben. Wenn Gott wüßte, daß die Auferstehung von Toten den Lebenden nützte, dann würde er bestimmt nicht darauf verzichten, er, der doch zu unserem Heil alles unternimmt. Wenn aber solche Auferstehungen häufig vorkämen, dann würden sie im Lauf der Zeit mit Gleichgültigkeit betrachtet. Und auch der Teufel könnte leicht seine falschen Lehren einflößen: Denn durch seine Werkzeuge könnte er solche Auferstehungen vorspiegeln; nicht als ob wirklich Tote auferstünden, sondern indem er die Wahrnehmung der Menschen täuscht, oder Menschen dazu verführt, den Tod vorzuspiegeln. (Chrysostomus)

 
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