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LESEJAHR C

Die Zeit im Jahreskreis

30. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Lk 18,9-14
 
Der Zöllner kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der Pharisäer nicht
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
 
In jener Zeit
9 erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel:
10 Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

Weil der Glaube nicht den Hochmütigen, sondern den Demütigen geschenkt wird, darum fährt der Herr mit einem Gleichnis über die Demut und gegen den Hochmut fort. (Augustinus, Serm. 115)

Der Herr gibt recht häufig Ermahungen in bezug auf den Hochmut, denn der plagt den Geist des Menschen mehr als die anderen Leidenschaften. Hochmut bedeutet aber eine Verachtung Gottes, denn wenn jemand seine guten Taten nicht Gott, sondern sich selber zuschreibt, was ist das dann anderes als eine Verneinung Gottes? Dieses Gleichnis erzählt der Herr also um jener willen, die auf sich selbst vertrauen und nicht alles [Gute] Gott zuschreiben und deshalb auch noch die anderen verachten. Er zeigt darin, daß die Gerechtigkeit den Menschen zwar zu Gott führt, doch wenn sie sich mit Hochmut verbindet, dann stürzt sie ihn in die Tiefe. (Theophylactus)

Durch das [vorausgehende] Beispiel der Witwe und des Richters (Lk 18,1-8) lehrt uns der Herr, beim Gebet nicht nachzulassen,Wörtlich: diligentiam orationis - die Sorgfalt, die Aufmerksamkeit, die man dem Gebet widmet. hier aber zeigt er uns durch den Pharisäer und den Zöllner, wie wir uns im Gebet an IHN wenden sollen, damit unser Beten nicht fruchtlos bleibt. [...] (Graecus [Asterius])

11 Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, daß ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.
12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.

Es heißt: "er stellte sich hin", dadurch aber wird der Stolz des Pharisäers bezeichnet, denn schon in seiner [äußeren] Haltung zeigt sich sein ganzer Hochmut. (Theophylactus)

Es heißt: "er betete bei sich",Lat: apud se orabat; das entspricht auch dem griechischen Original. denn durch die Sünde des Hochmuts war er gleichsam nicht bei Gott, sondern verweilte bei sich selbst. (Basilius der Große, In Esai. 2)

Er wird aber nicht deswegen getadelt, weil er Gott dankt, sondern deswegen, weil er nichts weiter hinzubekommen wollte: also bist du schon gesättigt und hast schon zuviel; es gibt auch keinen Grund mehr, weshalb du sprechen solltest "Vergib uns unsere Schuld!" [...] Das sollen [vor allem] die hören, die sagen: "Durch Gott bin ich als Mensch erschaffen, gerechtfertigt aber werde ich durch mich selbst.". Sie sind schlechter und verächtlicher als jener Pharisäer, der sich zwar voll Hochmut selbst gerecht nannte, aber doch [wenigstens] Gott dafür Dank sagte. (Augustinus, Serm. 115)

Hätte er aber wenigstens gesagt: "daß ich nicht wie viele andere Menschen bin ..." - denn was bedeutet das "wie die anderen Menschen"? Doch wohl: alle, außer ihm selber. Er sagt damit also: ich bin gerecht - die anderen alle sind Sünder. (Augustinus, Serm. 115)

Überheblichkeit und Anmaßung zeigen sich auf vier Weisen: (1) daß man glaubt, daß Gute aus sich selber heraus zu besitzen, oder, (2) daß man zwar glaubt, es ist einem von oben gegeben, aber meint, man habe es aufgrund seiner Verdienste empfangen. Oder (3) man brüstet sich, zu haben, was man nicht hat; oder (4) man verachtet die anderen, weil man glaubt, der einzige zu sein, der ein bestimmtes Gut besitzt. So aber sah sich der Pharisäer, der meinte, der einzige zu sein, der das Verdienst guter Werke besitzt. (Gregor der Große, Moralia 23,6)

Es genügte ihm aber nicht, die ganze menschliche Natur zu verachten, er beleidigt auch noch den Zöllner. Hätte er diesen ausgenommen, so wäre seine Sünde geringer gewesen. Nun aber fällt er mit demselben Wort nicht nur über die Abwesenden her, er verletzt auch den Anwesenden. Danksagung aber besteht nicht darin, daß man über andere herzieht. Wenn Du Gott Dank sagen willst, dann soll er allein dir genügen und du sollst deine Gedanken nicht auf andere Menschen richten oder gar deinen Nächsten verurteilen. (Chrysostomus, Hom. 2 de Poen.)

Wer andere schlecht macht, der tut sich und den anderen viel Übles an, denn zum einen bewirkt er Schlechtes bei dem, der eine solche Rede hört: ist dieser nämlich ein Sünder, so freut er sich, daß er einen Genossen für seine Untaten gefunden hat; ist er aber ein Gerechter, so wird er zum Hochmut verführt, denn durch die Fehler anderer schätzt er sich selber höher ein. Zum anderen fügt er auch der Gemeinschaft der Kirche Schaden zu, denn diejenigen, die ihn so sprechen hören, werden nicht ihn allein (der in dieser Weise sündigt) tadeln, sondern sie werden die christliche Religion [als ganze] verachten. Drittens aber bewirkt er, daß die Ehre Gottes beleidigt wird, denn wie Gott verherrlicht wird, wenn wir recht tun, so wird er beleidigt, wenn wir sündigen. Viertens stürzt er denjenigen ins Verderben, der diese Vorwürfe hört, denn [weil er geschmäht wird,] verliert er seine Scham und wird zum Feind. Fünftens macht er sich auch strafbar, denn er bringt Dinge vor, die ihm nicht zukommen. (Chrysostomus)

13 Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!

Zwar heißt es auch vom Zöllner: "er stellte sich hin", doch in seinen Worten, in seiner Haltung und in der Reue seines Herzens unterscheidet er sich von dem Pharisäer, denn er getraut sich nicht, die Augen zum Himmel zu erheben, denn da sie auf irdische Güter blicken und nach ihnen streben, hielt er sie nicht für würdig, nach oben zu sehen. Und er schlug sich an die Brust, um so sein Herz wegen seiner schlechten Gedanken anzuklagenLat: pungere - stechen, verletzen. und um es vom Schlaf aufzuwecken. Er suchte also nichts anderes als den verzeihenden Gott. (Theophylactus)

Was wunderst du dich, wenn Gott dem verzeiht, der seine Schuld zugibt? Er stand ganz hinten, und doch war er Gott nahe und der Herr schaute auf ihn aus der Nähe, denn: der Herr ist erhaben, doch er schaut auf die Niedrigen (Ps 138,6). Er erhob nicht die Augen zum Himmel, um ihn anzublicken; sein Gewissen machte ihm Angst, die Hoffnung aber gab ihm Mut: Er schlug sich an die Brust und strafte sich selber; weil er seine Schuld bekannte, darum schonte ihn der Herr. Du hast nun den stolzen Ankläger und den demütigen Angeklagten gehört - nun höre den Richterspruch: (Augustinus, Serm. 115)

14 Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Wer nicht achtgibt, den kann der Hochmut sogar aus dem Himmel in die Tiefe reißen, die Demut dagegen erhebt den Menschen mit seiner Schuld aus der Tiefe. Die eine rettete den Zöllner noch vor dem Pharisäer, sie führte den Schächer noch vor den Aposteln ins Paradies, die andere befiel sogar die unkörperlichen Mächte [d.h. die Engel]. [...] (Chrysostomus, Hom. de Prof. Ev.)

Vielleicht aber wunderst du dich, daß der Pharisäer verurteilt wird, der sich nur mit wenigen Worten selber lobte, während Ijob, der so viele Worte dafür fand, die Krone [des Lebens] erhielt. Das liegt daran, daß der Pharisäer so sprach und dabei andere grundlos anklagte, während Ijob - von seinen Freunden und seiner Not bedrängt - die eigenen Tugenden aufzählen mußte, um Gott die Ehre zu geben und damit die Menschen nicht vom Weg der Tugend abweichen. (Theophylactus)

 
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