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LESEJAHR C

Die Fastenzeit

5. FASTENSONNTAG

 

Zur LeseordnungEVANGELIUM   Joh 8,1-11
 
Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie
 
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes
 
In jener Zeit
1 ging Jesus zum Ölberg.

Denn wo gebührte es Christus zu lehren, wenn nicht auf dem Ölberg, dem Berg des Salböls, dem Berg des Chrisams? Der Name Christi kommt nämlich von "Salbung". [...] Deshalb hat er uns gesalbt, weil er uns zu Ringkämpfern gegen den Teufel gemacht hat. (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

2 Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.

Es wird angedeutet, daß er später begann, durch die Gnade in seinem Tempel zu wohnen, der die Kirche ist, und aus allen Völkern glaubte man an ihn. Daher folgt: Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. (Beda)

Das Sitzen spricht von der freiwilligen Erniedrigung in der Menschwerdung. Zum sitzenden Herrn, zu ihm kommt das Volk: Denn nachdem er Menschennnatur angenommen und sichtbar erschienen war, haben viele begonnen, ihn zu hören, an ihn zu glauben, den sie durch seine Menschheit als ihnen sehr nahe verwandt erlebt hatten. Während die Sanftmütigen und die Aufrichtigen über die Rede des Herrn staunen, befragen ihn die Pharisäer und Schriftgelehrten, aber nicht um zu lernen, sondern um der Wahrheit den Strick zu drehen. (Alkuin)

3 Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte
4 und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.
5 Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du?

[...] Sie sagten sich nämlich: Wenn er entscheidet, sie gehen zu lassen, hat er die Gerechtigkeit nicht; denn ein Gesetz, das ungerecht war, konnte er nicht befehlen. Und so führen sie das Gesetz an, indem sie sagen: Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Damit er aber die Sanftmut nicht verliere, wegen der er beim Volk schon liebenswert geworden ist, wird er sagen, daß man sie gehen lassen soll. Daher forern sie sein Urteil und sagen: Nun, was sagst du? Daher werden wir eine Gelegenheit zur Anklage finden, und wir werden ihn zum Angeklagten machen als Scheinanwalt des Gesetzes. (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

6 Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.

Aber der Herr wird auch bei seiner Antwort der Gerechtigkeit dienen und von der Sanftmut keinen Absatnd nehmen; es folgt nämlich: Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

In der Erde wird das menschliche Herz offenbar, das gewöhnlich die Früchte der guten und schlechten Taten hervorbringt; durch den Finger aber, der in der Anordnung seiner Glieder geschmeidig ist, wird die hohe Würde des Urteils ausgedrückt. Uns lehrt sie, wenn wir igendetwas schlechtes beobachten, nicht sofort leichtfertig darüber zu urteilen, sondern, zuerst zur Erkenntnis des Herzens demütig zurückgekehrt, mit dem Finger des Urteils es sorgfältig zu untersuchen. (Alkuin)

7 Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.

Diese Stimme ist aus der Gerechtigkeit. Die Sünderin soll bestraft werden, aber nicht von den Sündern; das Gesetz soll erfüllt werden, aber nicht von denen, die es nur zum Schein verteidigen. (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

Wer zuvor nicht sich selbst richtet, der weiß nicht, was er beim anderen zurecht richten soll. Und wenn er auch durch Anhören richtig weiß, ist dennoch der nicht imstande, fremde Verdienste zu beurteilen, dem das Bewußtsein der eigenen Unschuld keine Regel für sein Urteil gibt. (Gregor der Große, Moralium 14,15)

8 Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.
9 Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.

Zurückgeblieben sind zwei: das Elend und die Barmherzigkeit. Ich glaube, jene in Schrecken versetzte Frau, hoffte, von dem bestraft zu werden, in dem sie keine Sünde hatte finden können. Jener aber, der seine Gegner vertrieben hatte mit der Sprache der Gerechtigkeit, befragte sie, indem er seinen barmherzigen Blick zu ihr erhob. (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

10 Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?
11 Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

Oben haben wir die Sprache der Gerechtigkeit gehört. Nun wollen wir die Sprache der Sanftmut hören; denn es folgt: "Auch ich verurteile sich nicht", gesagt von dem, von dem verurteilt zu werden du vielleicht gefürchtet, weil du in mir keine Sünde gefunden hast. - Was ist, Herr? Heißt du die Sünde also gut? - Überhaupt nicht. Gib acht, was folgt: "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!" Also hat auch der Herr verurteilt, aber die Sünde, nicht den Menschen. Denn wenn er der Urheber der Sünde wäre, würde er sagen: Geh und lebe wie du willst; was meine Lossprechung angeht, sei unbesorgt: Ich werde dich lossprechen, wieviel auch immer du sündigst, auch von der Hölle und ihren Qualen. Das hat er nicht gesagt. Es mögen sich also anstrengen, die am Herrn die Barmherzigkeit lieben, und die Wahrheit fürchten: Denn gut und gerecht ist der Herr (Ps 25,8). (Augustinus, In Ioannem, tract. 33)

 
Wahlweise kann das Evangelium Joh 12,20-33 des Lesejahres A genommen werden.
 
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